Das Evolutionsparadigma (Paradigma = Leitanschauung) fußt auf dem weltanschaulichen Naturalismus. (Im folgenden ist jetzt immer der weltanschauliche Naturalismus gemeint.) Deren Befürworter behaupten, die Axiome des Naturalismus seien grundsätzlich revidierbar. Das treffe auf den Supranaturalismus bzw. das Schöpfungsparadigma nicht zu, da man – egal, was man auch beobachtet – immer sagen könne, Gott habe das Beobachtete eben auf diese Weise geschaffen. So sei eine chaotische Welt im Rahmen des Schöpfungsparadigmas ebenso denkbar wie eine regelhaft geordnete. Dagegen wäre der Naturalismus keine wissenschaftlich tragfähige Weltanschauung und müsste verworfen werden, wenn die Welt nicht gesetzesmäßig beschreibbar, sondern völlig chaotisch wäre. Eine wissenschaftliche Haltung nehme alles auf den Prüfstand, auch die Grundlagen, auf denen gearbeitet werde. Eine solche Haltung nehme dagegen der Supranaturalismus und mit ihm das Schöpfungsparadigma nicht ein, da bestimmte Voirgaben dogmatisch unter allen Umständen festgehalten würden.
Es ist jedoch nicht einsichtig, warum eine chaotische, gesetzesmäßig nicht beschreibbare Welt nicht naturalistisch verstanden werden könnte. Naturalistisch gesehen könnte eine chaotische Welt vielmehr ohne Weiteres erwartet werden; von einer Widerlegung des Naturalismus könnte in diesem Fall keine Rede sein. Eine chaotische Welt ist keineswegs ein Problem für den Naturalismus. Damit stellt sich die Frage, wie der Naturalismus überhaupt widerlegt werden könnte.
Der Naturalismus kann bei Erklärungsproblemen oder unerwarteten Befunden immer kontern, dass zu wenig über die Natur bekannt sei, um eine rein naturalistische Erklärung definitiv ausschließen zu können. Die Aufklärung hypothetischer Mechanismen wird in die Zukunft verschoben. Auch aus diesem Grund ist der Naturalismus de facto nicht falsifizierbar. Die Forderung, dass eine naturalistische Erklärung als prinzipiell unmöglich erwiesen werden müsse, damit der Naturalismus als gescheitert gelten könne, ist aus demselben Grunde unerfüllbar. Das Scheitern eines weltanschaulichen Naturalismus kann nie endgültig demonstriert werden.
Könnte aber ein Scheiterns des Naturalismus nicht dadurch erfolgen, dass Dinge geschehen, die man nur als Wunder betrachten könnte? Wunder sind vielfach historisch dokumentiert – so gut dies historisch eben möglich ist. Wunder gibt es auch in der Gegenwart, z. B. medizinische Wunder von Spontanheilungen Todkranker. Doch auch hier kann man einem Scheitern des Naturalismus mit dem Hinweis entgehen, man besitze einfach zu wenig Kenntnisse über die natürlichen Heilungskräfte des Körpers; in Wirklichkeit sei gar kein Wunder geschehen. Oder die Realität des geschilderten Sachverhalts wird bestritten (so z. B. bei der Auferstehung Jesu). Jede Falsifikationsmöglichkeit für den Naturalismus kann man umgehen. Der weltanschauliche Naturalismus ist eine außerwissenschaftliche Vorgabe, die von ihren Befürwortern de facto grundsätzlich nicht zur Disposition gestellt wird. |
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