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21.04.05  Keine Posaunen vor Jericho?

Wer kennt sie nicht, die Geschichte der Eroberung Jerichos durch die Israeliten unter ihrem Feldherrn Josua? Sieben Tage lang hatte das israelitische Heer immer wieder die Stadt umkreist, als die Mauern unter den Tönen der Posaunen plötzlich „in sich zusammenstürzen". So imposant die Geschichte ist, die meisten Wissenschaftler halten nicht nur das Wunder, sondern den ganzen Bericht heute für wenig glaubhaft. So argumentierten unlängst die Autoren Israel Finkelstein und Neil Asher Silberman in ihrem Bestseller „Keine Posaunen vor Jericho", dass die Eroberung Kanaans definitiv nie stattgefunden habe, da im 13. Jahrhundert v. Chr., d.h. in der Zeit, in der das Ereignis hätte stattfinden müssen, jegliche Spuren einer gewaltsamen Zerstörung der Stadt fehlen. Sind die Argumente jedoch tatsächlich so stichhaltig, wie diese Autoren vorgeben?

Finkelstein und Silberman behaupten zu Recht, dass die Israeliten um 1200 v. Chr. (am Ende der Spätbronzezeit) Kanaan nicht erobert haben können. Viele der Städte aus dem Josuabuch waren zu dieser Zeit nicht besiedelt. Jericho war bereits seit ca. 1550 v. Chr. (am Ende der Mittleren Bronzezeit) keine befestigte Stadt mehr. Das Städtebild im 13. Jh. v. Chr. passt außerdem nicht zur biblischen Beschreibung der Festungen Kanaans, die als uneinnehmbar dargestellt werden. Damals waren die Städte oft nicht befestigt.

Die Autoren des jüngst erschienenen Sammelbandes „Keine Posaunen vor Jericho? Beiträge zur Archäologie der Landnahme" sind dennoch davon überzeugt, dass es die „kanaanäische" Stadt Jericho gab und dass sie tatsächlich von den Soldaten Josuas erobert wurde. Dabei nehmen sie Bezug auf die Forschungsergebnisse des britischen Althistorikers John Bimson. Dieser datiert die israelitische Landnahme am Ende der Mittleren Bronzezeit (bisher um 1550 v. Chr.) und schlägt eine zeitliche Verschiebung von ca. 150 Jahren vor. So kommt er zu erstaunlichen Ergebnissen.

Neben der Darstellung der Theorie Bimsons gehen die Autoren aber auch in mehreren Aufsätzen auf eine Anzahl weiterer Fragen bezüglich der Zuverlässigkeit der biblischen Auszug- und Landnahme-Überlieferung ein. Außer einer kritischen und aufschlussreichen Einführung in die Gesamtthematik wird neues Licht auf das vieldiskutierte Problem der Größe des Volkes Israel zur Zeit des Auszugs aus Ägypten geworfen. Der hebräische Begriff für „Tausend" wird eingehend untersucht und mehrere Thesen zu einem alternativen Verständnis werden vorgestellt. Die Autoren gehen außerdem auf die Geschichte der 10 Plagen in Ägypten ein und versuchen, sie aus der religiösen Sicht der alten Ägypter zu verstehen. Im vorliegenden Band behandelt John Bimson in einem separaten Aufsatz weiterhin die Frage, warum die konservative Landnahme-These des amerikanischen Wissenschaftlers Bryant Wood im Licht der jüngsten Forschung nicht standhalten kann.

Keine Posaunen vor Jericho? Die Autoren Uwe Zerbst und Peter van der Veen sind überzeugt, dass die israelitischen Posaunen tatsächlich erklangen und dass trotz scharfer Kritik mit guten Gründen an der biblischen Überlieferung festgehalten werden kann.

Die bibliographischen Daten: Uwe Zerbst & Peter van der Veen (Hg., 2005) Keine Posaunen vor Jericho? Beiträge zur Archäologie der Landnahme. Reihe Studium Integrale. Hänssler-Verlag, Holzgerlingen. 155 Seiten, 60 s/w-Abb., zahlr. Tab., Hardcover, großes Format 16,5 x 24; 17,95 Euro (A: 18,50 Euro) / 32 CHF.

Inhaltsverzeichnis und Vorwort können auf http://www.wort-und-wissen.de/si/arc/jericho.html eingesehen und als PDF heruntergeladen werden. Dort gibt es auch eine online-Bestellmöglichkeit.

Autor dieser News: Studiengemeinschaft Wort und Wissen

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