14.02.05 Filmbesprechung: „Der Fall des Affenmenschen"
Der Filmemacher Fritz Poppenberg hat einen neuen evolutionskritischen Film, diesmal zur Evolution des Menschen, vorgelegt. Das ist ungewöhnlich in einer Medienlandschaft, welche Evolutionskritiker – sofern diese überhaupt beachtet werden – auf bemerkenswert unsachliche, kenntnisarme und professionelle Weise mit Spott und Häme überzieht. Im Bonus-Material der DVD wird dieser traurige Sachverhalt anhand eines entsprechenden ZEIT-Artikels belegt. Es ist mutig und anerkennenswert, dass sich Fritz Poppenberg mit seinem Film derart pointiert außerhalb der politisch korrekten Meinung unserer Medienwelt stellt. Als Selbständiger weiß er genau, dass damit auch ein Risiko verbunden ist – schon deshalb wünsche ich dem Werk auch wirtschaftlichen Erfolg.
Aus dem Film geht das persönliche Engagement des Regisseurs hervor – er nimmt den Zuschauer mit hinein in seine eigene Entdeckungsreise. Der Film beginnt mit einem spannenden Bericht über die nahezu vergessenen Experimente sowjetischer Wissenschaftler, die unter dem Eindruck der Darwinschen Evolutionslehre Kreuzungen zwischen Schimpansen und Menschen erzeugen wollten. Ausführlich wird berichtet, mit welchen Schwierigkeiten das Filmteam bei seinen Recherchen in Afrika konfrontiert wurde und es wird deutlich, dass solche Versuche aus biologischen Gründen zum Scheitern verurteilt sind: Menschen und afrikanische Großaffen sind in ihren Grundbauplänen zu unterschiedlich.
Im zweiten Teil stellt der Film wichtige paläontologische Funde zur Fossilgeschichte des Menschen vor. Es handelt sich um einen Hauptteil des Werkes, er ist insgesamt hervorragend gelungen. Man darf Poppenberg gratulieren, er hat komplizierte Sachverhalte durch sehr gut geschnittene Interviews, Schädelaufnahmen und Filmsequenzen spannend und klar präsentiert. Der programmatische Untertitel des Werkes „Die Evolutionstheorie kann die Herkunft des Menschen nicht erklären“ wird hier überzeugend anhand paläontologischer Daten erläutert. Dieser Teil hätte m.E. etwas ausführlicher ausfallen dürfen. Die Grafik der Hirnvolumina von Affen, Menschen und vermuteten Übergangsgliedern greift beispielsweise zu kurz, es ist wichtig, dazu die Abhängigkeit des Hirnvolumens vom Körpergewicht darzustellen, auch wenn der Unterschied zwischen Affe und Mensch dann nicht mehr so prägnant ist.
Dann wechselt der Film die Thematik in seinen dritten Teil. Es geht um die genetische Ähnlichkeit von Menschen und Menschenaffen sowie um die umstrittene Wirkung von Mutationen. Die moderne Biologie hat dazu eine gewaltige Fülle von Daten erarbeitet. Nach meiner Meinung wäre neben den evolutionskritischen Ausführungen aber auch eine kurze Würdigung der Argumente für Evolution angemessen gewesen, die man aus den verfügbaren Daten ableiten kann. Der Film endet mit einem kurzen Überblick über die „Intelligent Design"-Idee, die das Leben – im Gegensatz zur Evolutionsanschauung – auf dem Hintergrund des Planungs-Aspektes einer überlegenen Intelligenz versteht.
Als ich die DVD abspielte, gewann – neben vielen positiven Eindrücken – eine Befürchtung jedoch immer mehr an Gestalt. Würde der Zuschauer nicht einen zu einseitigen Eindruck gewinnen, wenn grausame Kreuzungsversuche, eine plumpe Fossilfälschung (Piltdown) und Fehlinterpretationen (Ramapithecus, Neandertaler) zu stark im Mittelpunkt stehen? Würde beim Laien am Ende der diffuse Eindruck bleiben, Evolutionsbiologen seien allesamt Fälscher, Wissenschaftszensoren oder gar inhumane Gestalten, die verwerfliche Experimente mit Afrikanerinnen und Schimpansen auf dem Gewissen hätten? Es wäre schade, sehr schade, wenn der Film so wirken würde. Ethische Entgleisungen und Fehlinterpretationen sollen weder verschwiegen noch beschönigt werden, und die im Film genannten Beispiele sind im übrigen keineswegs erschöpfend. Solche traurigen Geschehnisse werden zurecht ihren Platz in der Geschichte der Biologie behalten (als Christ sehe ich mich leider veranlasst, in diesem Zusammenhang auch an die notvolle Geschichte der christlichen Kirchen zu erinnern). Doch hätte man dem Zuschauer nach meiner Meinung sagen müssen, dass die Mehrheit heutiger, experimentell arbeitender Evolutionsbiologen methodisch saubere und ethisch einwandfreie Arbeit leistet, durch die bedeutende wissenschaftliche Daten erhoben wurden und werden. Auch der Evolutionskritiker darf solche Leistungen anerkennen. Das schmälert die wissenschaftlichen Gegenargumente keineswegs, könnte aber zur dringend notwendigen Versachlichung der Diskussion beitragen. Ob die nachgeordnete evolutionäre Deutung der erhobenen Daten letztlich stichhaltig ist oder nicht, von welchen persönlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sie beeinflusst wird, und welche Daten auf welche Weise gewichtet werden, das steht dann zur Diskussion (wer unter uns Biologen wäre nicht von seinen subjektiven weltanschaulichen Grundüberzeugungen beeinflusst, wenn er wissenschaftliche Daten in den Rahmen von Ursprungsmodellen stellt?).
Poppenbergs Film ist professionell produziert, technisch und didaktisch hervorragend aufgebaut und einfach spannend gemacht. Auch für den Laien ist er gut verständlich. So sehr ich also einerseits diesen Film begrüße und die Initiative von Fritz Poppenberg schätze, bleibt doch andererseits auch meine Befürchtung, es sei nicht alles gesagt worden, was notwendig und hilfreich gewesen wäre.
Der Film kann als VHS-Video oder als DVD bei der Studiengemeinschaft Wort und Wissen online bestellt werden:
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