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28.04.21  Brutverhalten bei einem Dinosaurier – ein Vogelmerkmal, aber keine evolutionäre Entwicklung

Vogelmerkmale sollen sich unter Dinosauriern schrittweise evolutiv „angesammelt“ haben. Zu diesen Merkmalen soll sich nun auch das Brüten von Gelegen gesellen. Doch für dieses Merkmal muss eine unabhängige Entstehung bei den Dinosauriern angenommen werden; es passt daher nicht als Vorläufermerkmal. Das gilt auch für viele andere Vogelmerkmale bei Dinosauriern.

Dass die Vögel die letzten Überlebenden der Dinosaurier aus der Gruppe der Theropoden („Wildtierfüße“) seien, hat sich als ziemlich fester Bestandteil von Evolutionstheorien etabliert. Darüber hinaus soll der Übergang von Theropoden-Dinosauriern zu Vögeln nachweislich schrittweise erfolgt sein. Die Merkmale, die charakteristisch für Vögel sind, seien im Wesentlichen in unterschiedlicher Häufigkeit bereits bei verschiedenen Dinosaurier-Gattungen aus mehreren Familien der Theropoden ausgebildet gewesen. Man könne daher heute keine Grenze mehr zwischen Dinosauriern und Vögeln ziehen (Brusatte 2017, 55).

Zu den auch bei Dinosauriern vorkommenden Vogelmerkmalen wird seit Kurzem auch das Brüten des Geleges aufgenommen. Zwar waren schon länger Fossilien der Theropodenfamilie der Oviraptoridae („Eierräuber“) bekannt, bei denen fossile Skelette zusammen mit Gelegen gefunden wurden; bei den bisherigen Funden gab es aber Indizien dafür, dass das Elterntier beim Eierlegen oder beim bloßen Bewachen des Geleges überrascht und sedimentiert wurde, ohne dass ein Brutverhalten sicher nachweisbar war (Bi et al. 2020, 1). Nun aber berichtet eine Forschergruppe von einem bisher nicht benannten teilweise erhaltenen Oviraptoriden-Fossil aus der oberen Oberkreide (auf ca. 70 MrJ datiert), bei dem ein erwachsenes Skelett über einem Gelege mit 24 Eiern erhalten ist, von denen mindestens sieben embryonale Überreste enthalten. Die Lage des erwachsenen Tieres in Bezug auf das Gelege, die fortgeschrittenen Wachstumsstadien der Embryonen und die aus den fossilen Befunden (Verhältnisse der Sauerstoffisotope) erschlossenen hohen geschätzten Bebrütungstemperaturen unterstützen klar die Bruthypothese. „Da die Embryonen in späten Entwicklungsstadien starben, hatte das erwachsene Tier das Nest offensichtlich über einen längeren Zeitraum gepflegt und ist nicht beim Akt der Eiablage umgekommen, im Gegensatz zu dem, was bisher für andere Funde angenommen wurde“, schreiben die Autoren (Bi et al. 2020, 6). Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass sich die Embryonen im Gelege in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befanden, was auf ein asynchrones Schlüpfen hinweist, wie es sonst nur bei „hochentwickelten“ Vögeln bekannt ist.

Ein weiteres Vogelmerkmal bei einem Dinosaurier-Vorläufer? Die Autoren deuten zunächst ihre Befunde als Unterstützung dafür, dass vogeltypische Merkmale bereits bei Dinosauriern auftreten (Bi et al. 2020, 6f.). Dennoch sei die Entdeckung des asynchronen Schlüpfens bei Oviraptorosauriern unerwartet, da dieses Verhalten selbst unter den Vogelgruppen mit heute lebenden Arten (sog. Kronengruppe), erst spät auftrat. Sie schließen daraus, dass sich dieses Merkmal bei einigen Vögeln der Kronengruppe und zumindest bei den Oviraptorosauriern unabhängig entwickelt habe. Das heißt aber nichts anderes, als dass das Brüten bei den Oviraptoriden gar nicht als Vogelvorläufermerkmal gedeutet werden kann, sondern unabhängig von den Vögeln vorkommt. Dafür spricht auch das relativ geringe geologische Alter; schließlich soll der „Urvogel“ Archaeopteryx mehr als doppelt so alt sein.

Das Indiz der Brutpflege bei Oviraptoriden kann somit nicht als Argument für einen Evolutionsweg von Dinosauriern zu Vögeln gewertet werden, sondern ist im Gegenteil für Evolutionsvorstellungen ein problematischer Befund: Konvergente Entstehungen von nicht-trivialen Ähnlichkeiten sind „unerwartet“.

Bi et al. (2020, 1) drücken das etwas verklausuliert aus, wenn sie in der Zusammenfassung schreiben: „Diese Befunde zeigen, dass die Evolution der Fortpflanzungsbiologie bei den Archosauriern der Vogelgruppe eher ein komplexer als ein linearer und schrittweiser Prozess war, und sie legen nahe, dass einige Aspekte der Fortpflanzung bei den nicht-vogelartigen Theropoden einzigartig für diese Dinosaurier waren.“ Die Autoren schreiben außerdem, dass „die unabhängige Evolution des asynchronen Schlüpfens bei einem nicht-vogelartigen Theropoden“  ein weiteres Beispiel für das „Vorherrschen von Homoplasien bei diesem großen evolutionären Übergang“ sei.

Mit dem Begriff „Homoplasien“ werden Konvergenzen und Parallelismen (unabhängige Entstehung) und Rückentwicklungen zusammengefasst, also Ähnlichkeiten, die nicht als Folge gemeinsamer Abstammung (Homologie) gedeutet werden können. Die Autoren schreiben sogar von einem „Vorherrschen“ der Homoplasien. Tatsächlich ist es der Regelfall, dass vogeltypische Merkmale bei Theropoden-Dinosauriern aufgrund ihrer unsystematischen Verteilung mehrfach unabhängig entstanden sein müssten, wenn sie auf evolutivem Wege entstanden wären. In vielen Fällen sind sie bei mutmaßlichen Vogel-Vorläufern gar nicht nachgewiesen, sondern nur in bestimmten Dinosaurier-Gruppen, die als ganze Gruppe in die Vogelverwandtschaft gestellt werden. Das gilt beispielsweise für verschiedene Federtypen, den Schnabel, das Gabelbein (Furkula), ein großes Brustbein, verknöcherte Brustbeinplatten, ein nach hinten gerichtetes Schambein, ein reduziertes Wadenbein oder für verschmolzene Schwanzwirbel (Junker 2019).

Literatur

Bi S, Amiot R et al. (2020) An oviraptorid preserved atop an embryo-bearing egg clutch sheds light on the reproductive biology of non-avialan theropod dinosaurs. Sci. Bull., https://doi.org/10.1016/j.scib.2020.12.018

Brusatte S (2017) Taking wing. Sci. Am. 316, 48–55.

Junker R (2019) Sind Vögel Dinosaurier? Eine kritische Analyse fossiler Befunde. Internetartikel.  https://www.wort-und-wissen.org/wp-content/uploads/b-19-4_dinos-voegel.pdf

Autor dieser News: Reinhard Junker

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