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03.04.20  Was sind Viren und woher stammen sie?

Seit dem Ausbruch des RNA-Virus SARS-CoV2 (COVID-19), das eine gefährliche Lungenkrankheit auslösen kann, gibt es Interesse an grundsätzlichen Fragen zu Viren.  Was sind Viren? Wo haben sie ihren Ursprung? Werden sie sich weiter verändern? Besteht unser Erbgut wirklich zu einem großen Teil aus eingefangenen Viren, wie von Evolutionsbiologen oft behauptet wird? Woher kommen die Reversen Transkriptasen? Diese Fragen waren bis vor kurzem sehr schwer zu beantworten, sowohl in einem Schöpfungsrahmen als auch in einem Evolutionsrahmen. Seit etwa einem Jahrzehnt haben wir ein viel besseres Verständnis.

Viren sind Molekularparasiten. Viren sind nicht selbständig lebensfähig. Sie können sich nur vermehren, indem sie das Genom (=Erbgut) einer Wirtszelle „hacken“. Sie injizieren ihr Informationsmolekül (DNA oder RNA) in die Wirtszelle und nutzen so deren genetische Maschinerie, um Kopien ihres eigenen Erbguts herzustellen und sich unter Ausnutzung des Translationsapparats (=molekulare Maschinen, die DNA über mRNA in Proteine übersetzen) zu vervielfältigen. Manchmal zerstören sie die Wirtszelle. Viren könnten nach evolutionären Vorstellungen einfache Vorformen erster Lebewesen sein [1].  Obwohl diese Sichtweise nicht von allen Wissenschaftlern geteilt wird, ist es diejenige, die in Zeitungen und Zeitschriften popularisiert wird [2]. Da Viren aber ohne ihre Wirte nicht existieren können, d.h. nicht vermehrungsfähig sind und daher als molekulare Parasiten angesehen werden müssen, können sie nicht zuerst existiert haben, sondern müssen nach ihren Wirten entstanden sein.

In den letzten 10-20 Jahren wurden immer mehr Viren entdeckt. Heute sind  mehrere tausend verschiedene Viren identifiziert. Fast alle sind für den Menschen harmlos. Wir verstehen erst seit kurzem, dass das Virom (die Gesamtheit der Bakteriophagen und Viren in einem Organismus) eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Anzahl und Arten von Bakterien in Organismen spielen [3]. Viren, die Bakterien nutzen, werden Bakteriophagen genannt;  es gibt im Darmtrakt davon mehr als Bakterien. Es hat sich herausgestellt, dass Viren die Anzahl der Mikroben kontrollieren. Jedes Bakterium hat sogar seinen eigenen spezifischen Bakteriophagen! Wäre das nicht der Fall, gäbe es zu viel von einer Bakterienart, und das wäre für den Wirtsorganismus schädlich bis katastrophal. Auf dieser Ebene sind Viren also eine Art Regulierungssystem. Alles in der Biologie wird kontrolliert und reguliert. Manchmal auf eine Art und Weise, die wir überhaupt nicht erwartet hatten oder noch nicht verstehen. Aus der Sicht der Schöpfung ist anzunehmen, dass solche Viren als Regulatoren Bestandteil der Schöpfung sind, um die Anzahl der Mikroorganismen im Gleichgewicht zu halten. Ein Argument für diese Einschätzung ist die erwähnte Tatsache, dass die meisten bekannten Viren für Pflanzen, Tiere und den Menschen harmlos sind.

Doch gibt es auch gute Gründe für die Sichtweise, dass nicht alle Viren erschaffen worden sind. Denn bekanntlich sind nicht alle harmlos. Einige sind erst vor kurzem entstanden, wie die RNA-Viren in Eukaryonten (=Lebewesen, die aus Zellen mit Zellkern bestehen) – insbesondere die in Säugetieren und Menschen.

Die Viren können in verschiedene Gruppierungen eingeteilt werden.  So spricht man von DNA-Viren und RNA-Viren, deren Erbgut in Form von DNA bzw. RNA in den Viruspartikeln enthalten ist. Daneben kennt man Makroviren und Mikroviren. Mikroviren können entweder DNA- oder RNA-Viren sein. Makroviren  sind immer DNA-Viren  und lassen sich oft auf degenerierte Mikroorganismen zurückführen, wie z.B. das DNA-Virus „Mimivirus“. Dieses hat ein Genom, das fast so groß ist wie das eines Bakteriums, und weitere Analysen ergaben, dass solche Viren wahrscheinlich von harmlosen Bodenbakterien abstammen [4]. Durch den Einbau einiger viraler Gene, die für die Hülle kodieren, sieht es wie ein riesiges Virus aus.1 Und da es enorm degeneriert ist, kann es nur noch als Parasit  in einer Wirtszelle existieren und ist wie alle Viren nicht selbständig lebensfähig (s. o.). Inzwischen sind Dutzende solcher degenerierter Makroviren entdeckt worden. Einige der Makroviren enthalten mehr DNA als vom Genom der kleinsten Bakterien bekannt ist.

Winzige RNA-Viren. Diese viel kleineren RNA-Viren haben nur wenige Gene (normalerweise nicht mehr als ein Dutzend), sind aber oft sehr gefährlich für den Menschen. Das Coronavirus COVID-19 (SARS-CoV2) ist ein solches RNA-Virus. Andere bekannte Beispiele sind das Grippevirus (Influenza-Virus) und HIV (das AIDS verursacht). Der Ursprung dieser Viren liegt noch nicht lange zurück. Woher stammen sie? Sehr wahrscheinlich haben sie ihren Ursprung im Genom von Wirbeltieren. Sie entstehen hier aus genetischen Elementen, die fast genauso ausgestattet sind wie echte RNA-Viren: Endogene Retroviren (ERV).  ERV machen etwa 8% des menschlichen Genoms aus. Manchmal verläuft die Umlagerung der ERV (oder: „gag-pol-Elemente“) fehlerhaft. Dadurch können RNA-Viren entstehen. Ein Beispiel ist ein RNA-Virus der Vögel, das Rous Sarcoma Virus (RSV) [5]. Dieses Virus verursacht eine Form von Krebs. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich das RSV-Virus als ein ERV, das dem Wirtsgenom ein kleines Stück zusätzliches genetisches Material entnommen hat. Dieses kleine zusätzliche Stück genetischen Materials ist eine Domäne (=Abschnitt) eines Proteins (SRC genannt), das ungebremst die Zellteilung ankurbelt. Und so entsteht in einem Schritt ein Onco-Virus, das Krebs auslöst. Während meiner Forschung an mehreren Universitäten habe ich versucht, ein besseres Verständnis der sogenannten endogenen Retroviren zu bekommen. Ich bin zu der Schlussfolgerung gekommen, dass sie keine Überbleibsel der RNA-Viren sind, sondern ein funktioneller Teil des Genoms. Meiner Meinung nach ist die gängige Meinung, dass die Genome von Tieren und auch das Genom des Menschen aus den Überresten von uralten RNA-Viren aufgebaut sind, falsch. Höchstwahrscheinlich ist es umgekehrt: RNA-Viren sind entgleiste „gag-pol-Elemente“ (normalerweise ERV genannt), biologische Werkzeuge, die mehrere wichtige biologische (Transport)-Funktionen erfüllen [6-8].2

Was spricht dafür, dass die gängige Meinung über die Entstehung von RNA-Viren falsch ist? Ein starkes Argument ist das RNA-Virus-Paradoxon. Es besagt, dass nach der molekulargenetischen Phylogenie der RNA-Viren alle diese Viren, einschließlich der oben erwähnten ERV, nicht älter als etwa 50.000 Jahre alt sein können [9].  Zudem gibt es die Beobachtung, dass Viren sich in ihrer Wirkung im Laufe der Zeit immer mehr abschwächen durch genetische Entropie (Verlust von nutzbarer Information) und nicht gefährlicher werden [10]. Darüber hinaus zeigen die Details in der Genetik von genauer bekannten RNA-Viren oft, dass ihr natürlicher Ursprung rekonstruiert und zurückverfolgt werden kann. Und dies führt ihren Ursprung zurück ins Genom der heutigen Wirte.  Beispielsweise kann das oben erwähnte RSV auf ein ERV plus einen Teil des SRC-Gens (ein Proto-Onco-Gen) im Genom des Vogels zurückverfolgt werden. Es integrierte nur den On-Switch des Gens und so verwandelte es in ein Onco-Virus. Ebenso beobachteten wir eine kleine (menschenähnliche) IL8-Sequenz beim HIV (RNA-Virus, das AIDS verursacht), die zum Eindringen in die menschlichen Immunzellen verwendet wird. Und das RNA-Virus, das Influenza (Grippe) verursacht, hat einen Teil des (menschenähnlichen) Neuramidase-Gens integriert. RNA-Viren haben also sehr wahrscheinlich ihren Ursprung im Genom komplexerer Organismen, und zwar in ERV. Man kann die ERV mit einem von Menschen gemachten selbstfahrenden Automobil vergleichen. Aufgrund eines Programmierfehlers kann es einen Menschen überfahren und töten. Wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, um das Auto aus dem Verkehr zu ziehen, kann es immer wieder töten. Allerdings wurde das Auto sicherlich nicht mit der Absicht des Tötens hergestellt. Bei ERV ist das genau so. Sie können zu RNA-Viren werden, sind aber nicht so ursprünglich entworfen worden.

Es wird behauptet, dass manche RNA-Viren ein Enzym enthalten, das nur in RNA-Viren existiert: die Reverse Transkriptase (RT). Dieses Enzym wird dazu verwendet, das einzelsträngige RNA-Molekül in DNA zu übersetzen, damit es sich in das Wirtsgenom integrieren kann. Bei allen RNA-Viren wird die RT durch das so genannte „pol“-Gen kodiert. Es codiert für ein Polyprotein, das in vier Enzyme gespalten wird: Protease (die die Spaltung vornimmt3,  RNase, Integrase und RT. Interessanterweise findet man das „pol“-Gen nicht nur bei RNA-Viren, sondern auch in allen ERV („gag-pol- Elemente“). Dies ist der Grund, warum viele Evolutionsbiologen davon ausgehen, dass ERV die Überreste alter RNA-Virus-Invasionen ins Erbgut von Wirtsorganismen sind. Dennoch gibt es in den Genomen der höheren Lebewesen mehrere RT-Enzyme, die in allen Genomen vorkommen. Es gibt Hunderttausende von RT-Genen im Genom, und zwar in ERV, die sehr ähnlich dem der RNA-Viren sind. Es gibt auch Hunderttausende von RT-Genen in LINEs (Long Interspersed Nucleotide Elements), transposonähnliche genetische Elemente (= „springende Gene“), die die Genexpression (=Ablesung von Genen) und Zelldifferenzierung kontrollieren [6, 11]. Die in LINEs gefundenen RT unterscheiden sich von denen von ERV. Und es gibt TERT, ein RT, dass zur Verlängerung der Telomere (=Endstücke der Chromosomen) benötigt wird [12]. Es gibt also drei unterschiedliche RT-Enzyme im Genom. Die Behauptung, das Vorkommen von RT sei spezifisch für RNA-Viren, ist also falsch. RT-Gene werden überall im Genom der höheren Lebewesen vorgefunden; das ist ein weiteres starkes Argument dafür, dass RNA-Viren ihren Ursprung im Genom haben. RNA-Viren sind also nicht die Schöpfer des Genoms, wie man heutzutage oft behauptet, sondern Degenerationsprodukte des geschaffenen Genoms.

Quellen

[1] Villarreal LP (2005) Viruses and the Evolution of Life. Washington, DC: ASM Press, xv, 395 pp. http://www.loc.gov/catdir/toc/ecip0419/2004013977.html

[2] Aktuelles Beispiel: https://www.tagesspiegel.de/wissen/ursprung-des-lebens-am-anfang-war-das-virus/11867530.html

[3] Francis JW, Ingle M & Wood TC (2018) Bacteriophages as beneficial regulators of the mammalian Microbiome. Proc. Int. Conf. Creationism 8, 152–157.

[4] Raoult D et al. (2004) The 1.2-megabase genome sequence of Mimivirus. Science 306, 1344–1350.

[5] Terborg P (2009) The design of life: part 3 – an introduction to variation-inducing genetic elements. J. Creation 23, 99-106.

[6] Terborg P (2018) ERVs and LINEs – along novel lines of thinking. J. Creation 32, 8–11.

[7] Pastuzyn ED et al. (2018) The neuronal gene ARC encodes a repurposed retrotransposon  gag  protein  that  mediates intercellular RNA  transfer. Cell 172, 275–288.

[8] Ashley J et al. (2018) Retrovirus-like gag protein ARC1 binds RNA and traffics across synaptic boutons. Cell 172, 262–274.

[9] Holmes EC (2003) Molecular clocks and the puzzle of RNA virus origins.  J. Virology 77, 3893–3897.

[10] Carter RW & Sanford JC (2012)  A new look at an old virus: patterns of mutation accumulation in the human H1N1 influenza virus since 1918. Theor. Biol. Med. Model. 9:42; doi: 10.1186/1742-4682-9-42.

[11] Jachowicz JW et al. (2017) LINE-1 activation after fertilization regulates global chromatin  accessibility in  the  early  mouse embryo. Nature Genetics 49, 1502–1510.

[12] Sui X, Kong N, Wang Z & Pan H (2013) Epigenetic regulation of the human telomerase reverse transciptase gene: A potential therapeutic target for the treatment of leukemia (Review). Oncol. Lett. 6, 317–322. Epub 2013 May 29.

Anmerkungen

1 Die viralen Gene, aus denen die Hülle besteht, stammen wahrscheinlich von einem Virus, das sich in das Genom des Bakteriums integriert hat.

2 Zu diesem Thema ist ein Artikel für die Herbstausgabe 2020 von Studium Integrale Journal geplant.

3 Die pol-RNA wird sofort abgeschrieben und dadurch entsteht zuerst die Protease, die die andere Enzyme spaltet. Das Gen codiert für vier Proteine.

Autor dieser News: Peter Borger

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