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04.05.18  Fledermäuse mit „Long Life“-Garantie

Kann man den Alterungsprozess verzögern? Man kann, wenn „man“ eine Fledermaus der Art Myotis myotis (Großes Mausohr) ist. Sie kann ungefähr zehnmal so alt werden im Vergleich zu Säugetieren mit vergleichbarem Gewicht. Wissenschaftler haben einige wahrscheinliche Ursachen dafür herausgefunden. Liegt hier ein Ansatz für eine Erklärung der hohen Alter der biblischen Stammväter?

Eines der rätselhaften Phänomene des Lebens ist das Altern. Die Hoffnung ist, dass durch ein Verständnis der Alterungsprozesse auch Einfluss auf deren Geschwindigkeit genommen werden könnte. Möglichst lange jung zu bleiben, ist ein uralter Traum der Menschheit. Bibelleser kennen die hohen „biblischen“ Alter der Urväter mit dem Altersrekord von 969 Jahren des auch sprichwörtlich genutzten Methusalem. Könnten solche hohen Alter realistisch sein oder sind sie eine biologische Unmöglichkeit?

Von überraschender Seite wurden zu dieser Frage kürzlich hochinteressante Befunde publiziert. Eine Forschergruppe (Foley et al. 2018) berichtete über Untersuchungen des Alterns bei verschiedenen Arten von Fledermäusen und fand dabei heraus, dass der Vorgang des Alterns beim Großen Mausohr (Myotis myotis) sehr viel langsamer als bei anderen Fledermausarten verläuft. Bekanntlich gibt es bei Säugetieren einen ungefähren Zusammenhang zwischen Körpergewicht und Lebenserwartung. Je geringer das Körpergewicht, desto geringer das Lebensalter. So haben Mäuse eine Lebenserwartung von wenigen Jahren, Hunde werden bis zu ca. 15 Jahre alt, große Säugetiere ca. 50 Jahre. Der Mensch fällt somit deutlich aus dem Rahmen. Aber im Vergleich zum Körpergewicht ist das noch nichts gegen das Große Mausohr. Obwohl es nur wenige Gramm schwer wird und entsprechend nur wenige Lebensjahre zu erwarten hätte, erreichen die Tiere oft ein Lebensalter von 35 Jahren, ungefähr zehnmal so viel wie aufgrund ihres Gewichts zu erwarten wäre.

Was ermöglicht diesen enormen Ausreißer? Schon lange wird ein Zusammenhang zwischen dem Altern und der Länge der Endstücke der Chromosomen, der Telomere, vermutet. Bei jeder Zellteilung werden die Telomere verkürzt, bis schließlich keine Zellteilungen mehr möglich sind. Allerdings verzögert die Tätigkeit des Enzyms Telomerase die Verkürzung, indem es die Telomere in beschränktem Maße wiederherstellen kann, was jedoch mit zunehmendem Alter nachlässt. Entsprechend können Mutationen der Telomerase zu vorzeitigem Altern führen. Beim berühmten Klon-Schaf Dolly waren die Telomere schon bei der Geburt verkürzt. Die geringe Lebensspanne und der früh einsetzende Altersprozess von Dolly dürften damit zusammenhängen und dieser Befund wird auch als Stütze für die Telomer-Hypothese des Alterns angesehen.

Die Verhältnisse bei den Fledermäusen erwiesen sich allerdings als komplizierter. Zwar konnte ein Zusammenhang mit dem Ausbleiben der Telomerverkürzung bestätigt werden, doch die Ursachen dafür sind vielfältig und bestehen nicht nur in der Tätigkeit der Telomerase. Vielmehr erwiesen sich 21 andere Gene als bedeutsam, die an der DNA-Reparatur und an der Wartung der Telomere beteiligt sind. Diese Gene sind spezifisch bei Myotis myotis aktiv. Die Aktivität zweier Gene, ATM und SETX, ist besonders wichtig. Offenbar spielen also neben Telomerschutzprogrammen auch besondere Vorgänge in der DNA-Reparatur bei der erheblichen Verzögerung der Alterung eine Rolle.

Weshalb gerade das Große Mausohr der normalen Alterung entkommt, ist nicht bekannt. Jedenfalls zeigt dieses Beispiel, dass es bezüglich des Alterns sehr weit reichende Ausreißer geben kann. Vor diesem Hintergrund scheint auch ein sehr viel größeres individuelles Alter von Menschen nicht im Widerspruch zu biologischen Sachverhalten zu stehen.

Literatur

Foley NM, Hughes GM et al. (2018) Growing old, yet staying young: The role of telomeres in bats’ exceptional longevity. Sci. Adv. 2018;4: eaao0926

Autor dieser News: Reinhard Junker

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