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28.02.08 Design ist Evolution?
Den Begriff „Evolution“ gab es in der Biologie bereits vor Darwin. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts verband man mit ihm eine besondere Vorstellung zur Ontogenese (=individuelle Entwicklung) der Organismen. Deren frühe Entwicklung wurde als eine Art Heranwachsen oder „Auswickeln“ (lat. evolvere) eines bereits im Samen komplett ausgebildeten Individuums betrachtet (Einschachtelungs- bzw. Präformationslehre; vgl. Biogenetisches Grundgesetz - Geschichte). In diesem Sinne sprechen wir auch heute z. B. von „Persönlichkeitsentwicklung. Da der Begriff „Evolution“ – der Wortbedeutung entsprechend – also für die Ausprägung von bereits Vorhandenem reserviert war, passte er nicht zu Darwins Abstammungs- oder Deszendenzlehre. Denn Darwin meinte eine Stammesgeschichte, in deren Verlauf immer wieder gänzlich Neues entstanden sein musste. Schließlich war „Goethe“ noch nicht in der „Amöbe“ stammesgeschichtlich präformiert (=vorgebildet). Darwin und seine Zeitgenossen nannten die „Stammesentwicklung“ daher nicht Evolution, sondern Deszendenz, also Abstammung.
Später aber wurde der Begriff „Evolution“ für die Deszendenztheorie verwendet – man könnte auch sagen: zweckentfremdet. Und heute verbindet jeder mit „Evolution“ die Stammesgeschichte, obwohl dieser Begriff dafür einen falschen Inhalt suggeriert. Und wer mit „Mikroevolution“ die tatsächliche Bedeutung des Begriffs „Evolution“ meint, nämlich das Ausprägen von bereits Vorhandenem, muss sich viel Mühe geben, nicht missverstanden zu werden (zu „Mikroevolution“ siehe Mikro- und Makroevolution).
Nun zeichnet sich ab, dass den Begriff „Design“ dasselbe Schicksal ereilen könnte. Design zeigt sich in der Kunst, in der Technik, in der Architektur und anderen kreativen Tätigkeiten und schließt Planung und Zielsetzung ein (vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Design). In der Biologie wird der Begriff „Design“ jedoch schon lange verwendet, ohne dass damit eine kreative, planvolle Schöpfung gemeint wäre. Design in der Biologie sei vielmehr das Ergebnis vernunftloser Prozesse, ein Ergebnis von ungerichteten Mutationen, Selektion und anderen zukunftsblinden Mechanismen. Und manche Biologen betonen eigens, dass der Begriff „Design“ nur als Metapher verwendet werde, die nicht missverstanden werden dürfe, als impliziere man damit einen Designer. Nicht umsonst müssen heutzutage diejenigen, die mit dem Begriff „Design“ das meinen, was er tatsächlich bedeutet, noch ein „intelligent“ oder „intentional“ (absichtsvoll, willensgesteuert) dazu sagen: „intelligentes Design“.
In diesem Sinne will Kenneth R. Miller, Biologe an der Brown University und Schulbuchautor, nun die Besetzung des Begriffes „Design“ mit dem neuen Inhalt und die damit verbundene Zweckentfremdung gleichsam sanktionieren. Das wird jedenfalls so für sein im Mai erscheinendes Buch „Only a Theory: Evolution and the Battle for America’s Soul“ angekündigt. Miller fordert, das Design-Vokabular der Kreationisten für die Wissenschaft in Anspruch zu nehmen. „Seiner Ansicht nach könne man auch Errungenschaften der Evolution als 'designed' bezeichnen, da sie klare Funktionen erfüllen“ (www.heise.de/tp/blogs/3/103522). Wissenschaft selbst basiere tatsächlich auf der Idee des Designs; für Miller ist das aber gleichbedeutend mit „Gleichmäßigkeit der Ordnung, der Funktion und des Naturgesetzes, das unsere Welt errichtet hat“. Design als Folge bloßer Naturgesetze, ohne Plan und Zielsetzung. Telepolis (www.heise.de/tp/blogs/3/103522) schreibt über Miller weiter: „Er sieht in den Vertretern der ‘Intelligent-Design’-Theorie die Sieger in der emotional geführten Schlacht um Anhänger. ‘Die Leute wollen glauben können, dass das Leben nicht zwecklos und zufällig ist.’ Dieses Gefühl könne aber auch die wissenschaftlich argumentierbare Evolutionstheorie vermitteln – wenn die Forscher ihr Vokabular überdenken.“ Das heißt aber nichts anderes, als dass Miller letztlich einen Zweck durch die Hintertür einführen will, indem er Begriffe verwendet, mit denen man Zweck und Sinn assoziiert, um auf der anderen Seite dann zu sagen, dass man es so doch nicht meine. Begriffverwirrung nennt man das!
Gilt in Zukunft also: Design = Evolution? Nachdem der Begriff „Evolution“ Ende des 19. Jahrhunderts für die Stammesgeschichte zweckentfremdet wurde, geht es jetzt also dem Begriff „Design“ an den Kragen!
Anmerkung: Eine Gleichsetzung beider Begriffe würde bedeuten, dass ein gegenwärtig wahrzunehmendes, ständig prüfbares und beschreibbares Phänomen wie Design mit einem hypothetischen Prozess wie „Evolution“, welcher uns nur als abstraktes Modell verfügbar ist, vereint wird. Der Philosoph Alfred North Whitehead bezeichnete schon 1974 diesen Versuch der Gleichsetzung als einen „Trugschluß der unzutreffenden Konkretheit“, weil er auf der Verwechslung bzw. unzulässigen Charakterisierung von Objektklassen beruht. Denn zu dem speziellen Gegenstandsbereich der Biologie, den Organismen mit ihrem Design, kann Evolution nichts aussagen sondern nur zu deren Veränderung. (Whitehead, Alfred N. (1974) Die Funktion der Vernunft. Stuttgart; nach: Michael Jungert (2006) Welchen Zweck soll das haben? Untersuchungen zu teleologischen und funktionalen Erklärungsansätzen in Philosophie und Biologie. Magisterarbeit im Magisterstudiengang der Otto-Friedrich-Universität Bamberg) Autor dieser News: Reinhard Junker Informationen über den Autor
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