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11.12.07  Diskussion über „Intelligent Design“

Im Newsbeitrag „Götter und Designer bleiben draußen“ wurde bereits auf eine besondere Ausgabe der Zeitschrift „Religion • Staat • Gesellschaft – Zeitschrift für Glaubensformen und Weltanschauungen“ (erschienen im renommierten Verlag Duncker & Humblot, Berlin) hingewiesen – sie ist besonders hervorzuheben, weil in dieser Ausgabe auf knapp 300 Seiten Pro und Contra „Intelligent Design" (ID) diskutiert werden. Nun legte Christoph Heilig auf der Homepage der SG Wort und Wissen eine ausführliche und informative Rezension des ganzen Bandes vor (http://www.wort-und-wissen.de/info/rezens/b30.html). Er widmet allen Beiträgen eine Inhaltsangabe und fügt kritische Bewertungen an. Damit bietet er einen guten Überblick über den gesamten Band. Trotz grundsätzlicher Sympathie steht er manchen Ansprüchen der ID-Befürworter skeptisch gegenüber. Das macht die Lektüre besonders reizvoll.

Hier sollen einige Streiflichter aus der Rezension wiedergegeben werden. Einer der Herausgeber der Zeitschrift, Gerhard Besier, gibt als Motivation für die Herausgabe dieses Bandes an, dass die Interessenpolitik der Etablierten nicht verhindern dürfe, dass Außenseiter zu Wort kommen. Da diesen gewöhnlich wenig Raum gewährt werde, hätten sie hier einmal das Übergewicht erhalten.

Über den Artikel von Robert Schmidt: „Götter und Designer bleiben draußen – eine kritische Diskursanalyse der Medienberichterstattung zu Intelligent Design im deutschsprachigen Raum“ wurde im eingangs genannten Newsbeitrag bereits berichtet. Der Folgebeitrag des Botanikers Hans Peter Comes behandelt „The Synthetic Neo-Darwinian Theory of Evolution and its Legacies on Research in Modern Evolutionary Biology“. Darin werden Aspekte des Artbildungsproblems diskutiert, die mit der ID-Thematik nur am Rande in Verbindung stehen.

Der nächste Artikel von Stephen C. Meyer, „A Scientific History – and Philosophical Defense – of the Theory of Intelligent Design“, bietet einen Überblick über eine Reihe von ID-typischen Themen. Heilig wertet den von Meyer propagierten „Schluss auf die beste Erklärung“ (S. 218) als einen auf negative Argumentation gestützten Analogieschluss (das heißt, man schließt auf Design, weil alle anderen Möglichkeiten der Erklärung versagen) und widerspricht Meyer, der den Schluss auf Design als positiv begründet ansieht (S. 237). Trotz mancher Kritikpunkte hält der Rezensent Meyers Zusammenstellung für einen exzellent gelungenen Einleitungsartikel.

Den Beitrag „Intelligent Design – jenseits des Schlagwortes“ von Markus Rammerstorfer hält Heilig vor allem deswegen für interessant, „weil der Autor als Europäer nicht dem amerikanischen ID-Movement und dessen politischen Zielen zuzuordnen ist. Gerade in diesem Punkt wird der Kontrast zu Meyer besonders deutlich.“ Rammerstorfer zeige auf, dass die Frage nach dem Ursprung der teleologischen Synorganisation in der Natur eine der Grundfragen der Naturwissenschaften sei, von der man zuunrecht glaubte, Darwin hätte sie beantwortet. ID als Fragestellung sei daher vor allem aufgrund ihres naturhistorischen Charakters auch heute berechtigt.

Auf knapp 80 Seiten folgen drei Diskussionsrunden, in denen Frieder Meis und Dr. Wolf-Ekkehard Lönnig die ID-Seite vertreten, während JProf. Dr. Dr. Mathias Gutmann und Willem Warnecke die Gegenseite übernehmen. Das Format, in dem die Kontrahenten hier auftreten konnten, sei zwar sehr zu loben, doch hätten die beiden Parteien die damit verbundenen Möglichkeiten eines Disputs nicht gut genutzt, da sie weitgehend aneinander vorbei diskutieren. Heilig zeigt dies anhand mehrerer Themen, die die Diskutanten ansprechen. Während Gutmann & Warnecke wissenschaftstheoretisch diskutieren, bewegen sich Lönnig & Meis großenteils auf der fachwissenschaftlichen Ebene.

Es folgt der Beitrag „Muster und Entwurfsmuster in Softwareentwicklung und Biologie – Kriterien zur Erkennbarkeit von intelligenten Ursprüngen“ von dem Mathematiker Klaus Wittlich. Der Begriff des „Musters" sei hochinteressant, wenn es um die Merkmalsverteilung oberhalb der Grundtypebene geht. Diesem Thema widmet sich Reinhard Junker in dem darauf folgenden Artikel „Macht das Ähnlichkeitsmuster der Lebewesen nur Sinn im Licht der Evolution?“ Darin wird das Konzept der Homologie kritisch durchleuchtet und gezeigt, dass Evolution nicht aus den Ähnlichkeitsmustern erschlossen werde, sondern als Voraussetzung für deren Deutung diene, die auch anders gewählt werden könne.

Den Abschluss des Bandes macht ein Beitrag von Dr. Harald Binder, Prof. Dr. Peter Imming und Prof. Dr. Siegfried Scherer: „Was ist über die Entstehung des Lebens bekannt?“ Eine ebenso zutreffende Überschrift wäre nach Heilig die Formulierung „Was ist über die Entstehung des Lebens allgemein nicht bekannt?“ gewesen, da die aus der Primärliteratur zusammengetragenen Befunde in der Öffentlichkeit gerade nicht allgemein bekannt seinen. Heilig veranschaulicht die Diskrepanz zwischen den Einschätzungen der Fachliteratur und den populären Darstellungen mit einem besonders krassen Beispiel; gerade in dieser Hinsicht werde die Bedeutung dieses Artikels als Aufklärung deutlich und lasse ihn zu einer aktuellen Standardquelle werden.

Heilig schließt seine Rezension mit folgendem Fazit: „Alles in Allem ist dieser Band von Religion • Staat • Gesellschaft sehr erfreulich und sollte im Bücherregal eines jeden zu finden sein, der sich mit der Ursprungsfrage eingehender beschäftigt. Trotz der unterschiedlichen Qualität der einzelnen Beiträge ist die Ausgabe ein gelungener Schritt in die richtige Richtung, hin zu einer fachlichen Diskussion und weg von polemischen Diffamierungen. All das macht Mut zu ähnlich gestalteten Folgeprojekten, für welche wir hier ein solides Vorbild vorliegen haben, das aber qualitativ auch noch ‘Platz nach oben’ lässt.“

Die Rezension kann auch aus PDF von der Wort-und-Wissen-Homepage heruntergeladen werden: http://www.wort-und-wissen.de/info/rezens/b30.pdf

Autor dieser News: Reinhard Junker

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