Evolution: Paläontologie - Pferdereihe  

Evolution: Paläontologie

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Interessierte: Pferdereihe

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Inhalt

In diesem Artikel werden die wichtigsten Formen der fossilen Pferdeartigen (Equidae) vorgestellt und erläutert, weshalb die Unterfamilie der Hyracotheriinae mit dem sog. „Urpferdchen“ klar von den beiden anderen Equiden-Unterfamilien abgegrenzt werden kann. Weiter wird erläutert, dass sich dagegen die Formenvielfalt innerhalb der Anchitheriinae und Equinae als eine Art Netzwerk darstellt, mit uneinheitlichen Entwicklungsrichtungen, was als Ausdruck vielfältiger, z. T. paralleler Spezialisierungen innerhalb eines Grundtyps interpretiert werden kann.

evolution, schöpfung, pferdereihe Das „Morgenrötepferd“ und verwandte Formen

evolution, schöpfung, pferdereihe Anchitheriinae und Equinae

evolution, schöpfung, pferdereihe Kompliziertes Netzwerk statt Evolutionsreihe

evolution, schöpfung, pferdereihe Evolutive Trends oder adaptive Grundtypvariation?

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Die Evolutionsgeschichte der Unpaarhufer (Perissodactyla) gilt unter allen Säugetieren, ja Wirbeltieren als besonders gut durch Fossilien belegt. Zu den Unpaarhufern gehören die Pferde, Tapire und Nashörner sowie zahlreiche nur fossil bekannte Formen. Die gängige Vorstellung über die Evolution der Pferde ist in Abb. 397 vereinfacht dargestellt.

 
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Das „Morgenrötepferd“ und verwandte Formen

 

Alle Unpaarhufer sollen sich aus einer gemeinsamen Vorfahrenform (ähnlich Tetraclaenodon aus dem Paleozän (=älteste Stufe des Tertiärs)) entwickelt haben. Zwischen dieser Form und den ältesten Unpaarhufern (Hyracotherium, Sifrhippus, ähnlichen Gattungen und evtl. Radinskya yupingae) sind jedoch keine Zwischenglieder gefunden worden.

Von Hyracotherium (Abb. 394) sind sowohl in Europa als auch in den USA fossile Vertreter entdeckt worden. Hyracotherium besaß an den Vorderbeinen vier, an den Hinterbeinen drei Zehen. Das in der Grube Messel bei Darmstadt gefundene Propaleotherium (Abb. 395) wird in die nähere Verwandtschaft von Hyracotherium gestellt. Das bereits 1839 entdeckte Hyracotherium wurde nach der Veröffentlichung von Thomas Huxleys Polydactyle Horses, Recent and Extinct (1879) häufig als der erste sichere Vorfahr der Pferde betrachtet und daher als „Urpferdchen“ bezeichnet. In den USA erhielten ähnliche Funde den vielsagenden Gattungsnamen „Eohippus“ („Morgenrötepferd“).

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Doch diese Benennung gründete mehr auf dem Bedürfnis, geeignete Vorläufer für die Pferde zu finden als auf klaren anatomischen Indizien. Richard Owen, der 1841 den Gattungsnamen Hyracotherium vergab, sah keine deutlichen Ähnlichkeiten mit Pferden. Die Paläontologen brachten diesen Fund zunächst mit Tapiren, Nashörnern, Nagetieren und Klippschliefern (Hyracoidea), nicht aber mit Pferden in Verbindung. Paläontologen beschreiben Hyracotherium als foxterriergroßes Tier, das überhaupt nicht pferdeartig aussah, sondern eher hundeartig, mit gebogenem Rücken, kurzem Hals, kurzer Schnauze, tapirartigem Schädel, kurzen Beinen und einem langen knöchernen Schwanz. Heute wird Hyracotherium am ehesten mit der Radiation der Tapire in Verbindung gebracht. Dazu passt auch der Bau des Fußes, der in keiner Weise an Hufe erinnert. In der Bezahnung ähnelte das Tier der ebenfalls fossilen Gattung Homogalax, die mit den Tapiren in Verbindung gebracht wird. Lediglich die stratigraphische Stellung im Eozän (=zweitälteste Stufe des Tertiärs) (vgl. Abb. 397) und die Position von zwei Schläfenfenstern, die der Konstellation von Pferden ähnelt, passten zur Deutung als „Urpferdchen“. Diese Merkmalsübereinstimmungen besitzen jedoch kein großes Gewicht; vor allem aber steht ihnen eine Vielzahl deutlicher Unterschiede entgegen.

Eine Reihe weiterer Gattungen wie Orohippus und Epihippus und andere Gattungen weisen insgesamt große Ähnlichkeiten mit Hyracotherium auf und können als Hyracotheriinae zusammengefasst werden, die allesamt als tapirartig eingestuft werden können. Günstige dschungelähnliche Lebensbedingungen im Eozän ermöglichten offenbar eine rasche Radiation dieser Gruppe. Während des Eozäns (über einen Zeitraum von 20 Millionen Jahren) waren nur geringe (mikro-)evolutionäre Änderungen zu verzeichnen (hauptsächlich in der Bezahnung). Zwischen diesen Formen und der stratigraphisch nächstfolgenden laubfressenden pferdeartigen Gattung Mesohippus und anderen Pferdeartigen klafft dann aber eine deutliche morphologische (=gestaltliche) Lücke (vgl. Abb. 398). Erst mit Mesohippus (Abb. 398E; vgl. Abb. 397) kann von Pferdeartigen gesprochen werden.

Hyracotherium wurde auch als Stammform für andere Unpaarhufergruppen wie Nashörner und ausgestorbene Unpaarhuferfamilien in Betracht gezogen, doch auch zwischen diesen Familien existieren deutliche Lücken. Einiges spricht dafür, dass es sich bei den Unpaarhufern um eine polyphyletische (=mit mehreren unabhängigen Ursprüngen) Ordnung handelt. Allein die Bezahnung verbindet die verschiedenen Unpaarhuferfamilien, doch ist dieses Merkmal allgemein ziemlich plastisch. Unterschiedliche Ausprägungen, die parallel in verschiedenen Gruppen vorkommen, könnten unabhängige Anpassungen an verschiedene Ernährungsmöglichkeiten sein. Dagegen spricht die qualitativ einzigartige Bezahnung bei den Pferdeartigen (ab Mesohippus, Abb.14.43), die mit der Molarisation (=Bildung von Backenzähnen) einhergeht, für ein pferdespezifisches morphogenetisches Programm.

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Anchitheriinae und Equinae

 

Alle Pferdeartigen ab dem Oligozän sind durch eine Reihe von Merkmalen von den Hyracotheriinae abgesetzt (Schädelform, Kieferform, typische pferdeartige Bezahnung, längere obere Beinabschnitte, längere Zehen). Sie werden in die beiden Unterfamilien Anchitheriinae (Laubfresser) und Equinae (Grasfresser) unterteilt. Alle Anchitheriinae sind dreizehig, unter den Equinae gibt es drei- und einzehige Formen, wobei jedoch auch die dreizehigen Formen völlig auf den Zehenspitzen standen und einen großen zentralen Huf besaßen (vgl. Abb. 399). Die Anchitheriinae waren meist kleiner und hatten kürzere Beine als die Equinae (Mesohippus hatte als kleinste Gattung eine Schulterhöhe von nur 60 cm), doch es gab auch Gattungen, die in der Größe an heutige Pferde heranreichten (Hypohippus, Megahippus).

Die Anchitheriinae hatten als Laubfresser einfacher gebaute Backenzähne als die grasfressenden Equinae. Beim Zermahlen von Gras werden die Zähne aufgrund des Siliziumgehalts der Blätter stark beansprucht. Ihre Zähne besitzen als zusätzliche Zahnsubstanz das Zahnzement, und die Zähne werden während des ganzen Lebens der Pferde in gleichem Maße aus dem Kiefer herausgeschoben, wie sie durch die Grasnahrung abgenutzt werden (Hypsodontie).

 
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Zu Anfang der Forschung erschien die Evolution der Pferde ziemlich geradlinig. 1872 schlug Thomas Huxley für die amerikanischen Funde eine Evolutionsreihe vor, die vom kuhgroßen tapirähnlichen Palaeotherium über das dreizehige laubfressende Anchitherium und das ebenfalls dreizehige, aber grasfressende Hipparion zu den heutigen Pferden führte. Die „Pferdereihe“ war geboren. Europäische Formen wurden später zu einer Reihe Hyracotherium („Eohippus“) – OrohippusMesohippusMiohippusPliohippusEquus zusammengefügt (vgl. Abb. 396).

 
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Kompliziertes Netzwerk statt Evolutionsreihe

 

Mit den sich häufenden Fossilfunden wurde die Lage rasch viel komplizierter, und aus der Reihe wurde mehr und mehr ein ausgeprägter Busch mit zahlreichen Seitenzweigen und ausgestorbenen Linien. Man musste verwickelte Wanderungen der vermuteten Pferdevorfahren zwischen Amerika und Europa sowie Aussterbeperioden annehmen. Im Miozän (vgl. Abb. 397) tauchten zahlreiche Formen, die unterschiedliche ökologische Nischen besetzten, in geologisch kurzer Zeit auf. Einzelne Merkmale (Größe, Zähne, Zehen, s. u.) änderten sich nicht immer in eine einheitliche Richtung. Außerdem mussten Parallelentwicklungen angenommen werden, und viele verschiedene Formen existierten nebeneinander. So kam beispielsweise Neohipparion, eine dreizehige Form mit einem Grasfressergebiss, neben Pliohippus (einzehig, ebenfalls Grasfressergebiss, vgl. Abb. 396) vor. Dies ist insofern bemerkenswert, als die einhufige Form einen erheblichen Selektionsvorteil in der Steppe gegenüber der dreizehigen Form gehabt haben soll. Manche Formen entwickelten komplexe Schädelhöhlen, die bei anderen wieder verloren gingen. Selbst ein Trend zur Einzehigkeit wird angesichts der großen Zahl dreizehiger Formen von manchen Forschern in Frage gestellt; ein Trend werde nur vorgetäuscht, weil nur einzehige Formen bis heute überlebt haben. Eine regelmäßige Größenzunahme ist ebenfalls nicht zu beobachten, denn Archaeohippus, Nannippus und Protohippus waren jeweils kleiner als ihre angenommenen Ahnen. Eine Größenabnahme kommt auch bei der Radiation der Hyracotheriinae (s. o.) vor. Für manche Paläontologen gilt daher die Copesche Regel als widerlegt. Diese nach dem amerikanischen Paläontologen Edward Cope benannte Regel besagt, dass in der Stammesgeschichte die Körpergröße der Arten zunimmt.

 
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Manche Merkmale variieren scheinbar regellos; so schwankt die Zahl der Rippen zwischen 15 und 19 und damit stärker als dies bei Schwankungen bei Züchtungen bekannt ist.

Die große Vielfalt der Formen im Miozän und Pliozän ging schließlich stark zurück, so dass nur die Gattung Equus als letzter Rest bis zur Gegenwart überlebte.

 
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Evolutive Trends oder adaptive Grundtypvariation?

 

Trotz des Zickzackkurses einiger Merkmale können zweifellos deutliche Trends in der stratigraphischen Abfolge der Pferdeartigen festgestellt werden: Reduktion der Zehenzahl, Tendenz zur Hochkronigkeit der Zähne mit Spezialisierung fürs Grasfressen, Größenzunahme. Darüber hinaus ändern sich manche Merkmale ziemlich allmählich, wie das bei einer gradualistisch verlaufenden Evolution zu erwarten ist. Das gilt besonders für die Zähne. Beispielsweise ist die Gattung Merychippus (Grasfresser; vgl. Abb. 397) nur schwer gegen andere Gattungen abgrenzbar; entsprechend ist keine klare Grenze zwischen Laub- und Grasfressern zu erkennen. Dagegen treten die Unterschiede zwischen den Fußtypen eher diskontinuierlich auf (Abb. 399), wenn auch hier ein Trend erkennbar ist. Unter der Voraussetzung von Evolution lassen sich die fossilen Formen der Pferdeartigen also durchaus in ein sich stark verzweigendes Stammbaumschema anordnen. Im Miozän erfolgten dabei ausgeprägte Radiationen, die zu über 10 Gattungen führten. Zum einen spalteten sich die dreizehigen Hipparionini auf, die schließlich ausstarben, zum anderen die einzehigen Equinae. Parahippus wird dabei als Ausgangspunkt für beide Radiationen betrachtet (vgl. Abb. 398).

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Die Änderungen in der Zehenzahl, Beinlänge und im Gebiss werden mit einem Wechsel der Umweltbedingungen in Verbindung gebracht. Durch zunehmend kühleres und trockeneres Klima ab dem Ende des Oligozäns breiteten sich zuungunsten der Wälder Steppengebiete aus. Für diesen Lebensraum sind die Zehengänger und Grasfresser geeigneter.

Alternativ zu evolutionären Deutungen könnte man auch von einer großen genetischen und anatomischen Plastizität der Pferdeartigen ausgehen. Möglicherweise besaßen diese Tiere eine erhebliche morphogenetische Plastizität, die ihnen eine Anpassung an verschiedene Lebensräume erlaubte (vgl. Genetisch polyvalente Stammformen von Grundtypen). Eine solche Plastizität ist auch bei anderen Säugerfamilien bekannt. Auffällig ist, dass bezüglich der Fußtypen, aber auch bei Schädelmerkmalen keine graduellen, sondern eher diskrete unterschiedliche Ausprägungen zu beobachten sind. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Beobachtung, dass manche Merkmalsänderungen wie die Größe auch rückläufig erfolgen können. Solche markanten Änderungen und Zickzackkurse sind unter heutigen Lebewesen im Zusammenhang mit homeotischen Mutationen (Mutation) bekannt. Auch heute führen homeotische Mutationen zur vollen Ausbildung zusätzlicher Zehen (vgl. Atavismen), so dass die Vorstellung eines morphogenetischen (=formbildenden) Potentials zur Ausprägung verschiedener Beintypen begründet ist.

Ob die erhebliche Bandbreite an Formen der Anchitheriinae und Equinae im Rahmen eines einzigen Grundtyps (vgl. Heutige Grundtypen) Platz finden, muss offen bleiben. Zum einen fehlt es für eine sichere Antwort im fossilen Bereich an den nötigen Daten, zum anderen ist noch zu wenig über das Ausmaß der Polyvalenz von Grundtypen bekannt. Einerseits spricht der Befund, dass die verschiedenen Zahntypen der Anchitheriinae und Equinae ziemlich graduell ineinander übergehen, für eine Zusammenfassung aller fossilen Pferdeartigen (beginnend mit Mesohippus), andererseits stellt die Verschiedenheit der Zahntypen eine Herausforderung für das Konzept der Polyvalenz von Grundtypen dar.

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Literatur

 

Froehlich DJ (2002) Quo vadis eohippus? The systematic an taxonomy of the early Eocene equids (perissodactyla). Zool. J. Linn. Soc. 134, 141-256.

MacFadden BJ (1992) Fossil Horses: Systematics, Paleobiology, and Evolution of the Family Equidae. Cambridge University Press.

MacFadden BJ (1998) Equidae. In: Janis CM, Scott KM & Jacobs LL (eds) Evolution of Tertiary Mammals of North America, pp 537-559. Cambridge: Cambridge University Press.

MacFadden BJ (2005) Fossil horses – evidence for evolution. Science 307, 1728-1730.

Marsh OC (1879) Polydactyl horses, recent and extinct. Am. J. Sci. 17, 499-505.

Owen R (1841) Description of the fossil remains of a mammal (Hyracotherium leporinum) and of a bird (Lithornis vulturnis) from the London Clay. Trans. Geol. Soc. Lond. 2, 203-208.

Prothero DR & Shubin N (1989) The evolution of oligocene horses. In: Prothero DR & Schoch RM (eds) The Evolution of the Perissodactyls, pp. 142-175. New York: Oxford University Press.

Romer AS (1966) Vertebrate Paleontology. Chicago: University of Chicago Press.

Rose KD (1996) Skeleton of early Eocene Homogalax and the origin of perissodactyla. Palaeovertebrata 25, 243-260.

Simpson GG (1977) Pferde – die Geschichte der Pferdefamilie in der heutigen Zeit und in 60 Millionen Jahren ihrer Entwicklung. Hamburg.

Thenius E (1981) Versteinerte Urkunden. Heidelberg.

Zahlreiche Literaturzitate sind in der PDF-Version zusammengestellt (Pferdereihe)

 
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Autor: Studiengemeinschaft Wort und Wissen, 18.04.2013

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