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30.01.18  Paradebeispiel für Co-Evolution in Frage gestellt

Bisher galt als Lehrmeinung, dass Schmetterlinge und bedecktsamige Blütenpflanzen „Hand in Hand“ evolvierten. Doch nun zeigen fossile Reste von Schmetterlingsschuppen, dass die einen Saugrüssel tragenden Schmetterlinge sehr viel früher existiert haben. Der Fall zeigt beispielhaft: Stimmige „Geschichten“ sind keine Erklärungen und es muss mit umfangreichen geologisch nicht überlieferten Lebensräumen gerechnet werden.

Schmetterlinge (Lepidoptera) sind der Inbegriff für Symbiose, d. h. eine Vergesellschaftung von Individuen zweier verschiedener Arten, die für beide Partner vorteilhaft ist. Die nektarsaugenden Falter nehmen mit ihrem Saugrüssel beim Blütenbesuch auch Pollen auf bzw. geben ihn ab und ermöglichen auf diese Weise bei vielen Pflanzen die Bestäubung. Sie selber erhalten nahrhaften Nektar aus den Blüten. Was liegt im Rahmen einer evolutionären Weltsicht näher als die Annahme, dass die Entstehung von Schmetterlingen und nektarproduzierenden Blütenpflanzen (Angiospermen) Hand in Hand ging? Diese Geschichte war bisher Lehrmeinung und mit den bekannten Fossilfunden vereinbar. Allerdings ist der Fossilbericht dieser Insektengruppe sehr dürftig. Der bislang älteste Fund stammte aus der Unterkreide und wird auf 129 Millionen radiometrische Jahre (MrJ) datiert. Molekulare Studien sprechen unter evolutionstheoretischen Voraussetzungen jedoch dafür, dass die Lepidopteren schon sehr viel früher entstanden sind als die Angiospermen, nämlich (je nach verwendeter Methode) im Perm oder in der oberen Trias (> 200 MrJ), während eindeutige Angiospermen-(Makro-)Fossilien erst ab der Unterkreide bekannt sind.

Nun wurden in der Nähe von Braunschweig in einem Sedimentbohrkern aus dem Bereich der Grenze Trias / Jura unter anderen Mikrofossilien zarte, schuppenähnliche Gebilde entdeckt (Van Eldijk et al. 2018). Etwa 70 Schuppen konnten genauer analysiert werden. Die Untersuchung ergab, dass einige von diesen Schuppen Merkmale besaßen, die typisch sind für Flügelschuppen der Gruppe der Glossata, den Motten und Schmetterlingen mit Saugrüssel. Der Besitz solcher Schuppen, die Flügel, Beine und den Körper bedecken, ist das namengebende Merkmal der Lepidoptera – „Schuppenflügler“ (gr. lepis, Schuppe). Besonders die auf den Flügeln sitzenden Schuppen sind taxonomisch informativ, d. h. sie erlauben eine recht genaue Zuordnung zu einer bestimmten Gruppe. Damit ist nun der fossile Nachweis erbracht, dass Schmetterlinge 70 MrJ früher existiert haben als bisher bekannt und ca. 50 MrJ vor dem ersten Nachweis von Angiospermen. Die Geschichte von der Co-Evolution von zwittrigen, nektarführenden Blüten und Insekten mit Saugrüssel passt also nicht mehr zum fossilen Befund.

Wie könnte eine neue „Geschichte“ aussehen? Die Forscher mutmaßen, dass der Saugrüssel anfangs als Trinkwerkzeug evolvierte, mit welchem Tropfen von pflanzlichem Saft aufgenommen werden könnten (z. B. Bestäubungstropfen von Nadelbäumen, mit denen Pollen aufgefangen werden, oder bei Verletzungen von Pflanzen austretende Flüssigkeit). Es gibt Hinweise auf große Trockenheit in jener Zeit, weshalb der Besitz eines Saugrüssels vorteilhaft gewesen sei. Der Nutzen war zuerst einseitig nur beim Insekt. Erst später sei der Saugrüssel dann für die Aufnahme von Nektar mit gegenseitigem Nutzen (Bestäubung) verwendet worden.

Diskussion. Die Umwandlung der zuvor beißenden Mundwerkzeuge in ein Saugorgan wird von Van Eldijk et al. (2018) als evolutionäre Antwort auf Trockenheit beschrieben. Wie die Umwandlung erfolgte, wird nicht thematisiert. Es ist einfach eine neue Geschichte, die an die Stelle der alten getreten ist. Solche Geschichten sind keine Erklärungen, sie können sich jederzeit durch neue Funde als falsch erweisen. Sie sind vage, gehen nicht in Details und wirken geradezu „undarwinistisch“, weil der Eindruck erweckt wird, dass als Folge veränderter Bedürfnisse (hier Trockenheit) passende Reaktionen zielgerichtet möglich seien.1 Das erinnert sehr an Lamarcks hypothetischen Ansatz, wonach Umweltreize einen direkten Einfluss auf den optimalen und angepassten Gestaltwandel der Organismen ausgeübt haben sollen. Die neue Geschichte ist zudem wenig glaubwürdig, da viele andere Insekten zur gleichen Zeit ohne saugende Werkzeuge auskamen. Warum also sollte sich gerade in der Linie, die die Lepidopteren hervorbrachte, ein Saugrüssel bilden? Das ist völlig unklar, zumal Angebote von Flüssigkeit zum Saugen auch schon vorher vorhanden waren. Sowohl die bisherige als auch die neue Geschichte sind typische Beispiele von „adaptivem Storytelling“. Die bisherige Geschichte ist im Übrigen gar nicht widerlegt, wie behauptet wird. Würde man nämlich in Schichten der Trias Angiospermen finden, würde sie wieder passen. Dafür gibt es sogar Hinweise (Hochuli & Feist-Burkhardt 2013; vgl. Kutzelnigg 2014), auf die die Autoren selber hinweisen (van Eldijk et al. 2018, 52).

In jedem Fall zeigen die neuen Funde, dass mit umfangreichen fossil nicht überlieferten Lebensräumen gerechnet werden muss, da es eine Lücke von 70 MrJ zwischen den stratigraphisch ältesten und zweitältesten fossilen Nachweisen der Lepidopteren gibt. Auch der große zeitliche Versatz zwischen dem erstmaligen fossilen Auftreten von angiospermenartigem Pollen und dazu passenden Makrofossilien deutet auf fossil nicht überlieferte Lebensräume hin.
Die Daten laden darüber hinaus auch dazu ein, über einen prinzipiell anderen Deutungszugang bezüglich der geologischen Überlieferung nachzudenken, der u.a. ohne Evolution und lange Zeiträume als paradigmatischen Rahmen auskommt. Der Autor ist sich bewusst, dass dazu im Rahmen der Schöpfungsforschung bisher nur sehr wenig vorgelegt werden konnte.

Anmerkungen

1 „The transition to exclusively feeding on liquids was most likely an evolutionary response to widespread heat and aridity during the Norian … substitution of mandibulate mouthparts by a sucking proboscis could be seen as an adaptation to adequate maintenance of body water balance of small, short-lived moths. … short and simply composed proboscides of ancestral Glossata must have been used initially to drink from water droplets or sap from injured leaves“ (Van Eldijk 2018, 4).
„Um an den Nektar in den Blüten heranzukommen, wandelten einige Insektengruppen, darunter auch die Schmetterlinge, ihre zuvor beißenden Mundwerkzeuge in einen Saugrüssel um.“ (http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-22292-2018-01-11.html

2 „It should be noted that the wide morphological diversity of the dispersed Triassic-Jurassic pollen record strongly suggests that, perhaps, entire families or orders of seed plants have still escaped sampling in the coeval megafossil record. Some pollen types have angiosperm-like morphological characters. Although affinity to angiosperm crowngroups remains questionable, notably, the presence of a reticulate wall structure might be functionally linked to pollination by flying insects“ (Van Eldijk et al. 2018, 5).

Literatur

Hochuli PA & Feist-Burkhardt S (2004) A boreal early cradle of Angiosperms. Angiosperm-like pollen from the Middle Triassic of the Barents Sea (Norway). J. Micropalaeontol. 23, 97-104.

Kutzelnigg H (2014) Sind Blütenpflanzen 100 Millionen Jahre älter als bisher angenommen? Stud. Integr. J. 21, 41-43.

Van Eldijk TJB, Wappler T et al. (2018) A Triassic-Jurassic window into the evolution of Lepidoptera. Sci. Adv. 2018;4: e1701568.


Autor dieser News: Reinhard Junker, 30.01.18

 
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