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17.05.19  Neues Vogelfossil: Wird der „Urvogel“ Archaeopteryx als „ältester Vogel“ abgelöst?

Ein neu beschriebener Vogel aus dem Oberjura – etwa gleichalt wie der berühmte „Urvogel“ Archaeopteryx – weist einige moderne Merkmale auf. Muss nun eine schnellere Evolution des Vogelfluges angenommen werden?

Erneut macht ein Urvogel-Fund aus den Solnhofener Plattenkalken (Altmühltal, Frankenalb) von sich reden. Nachdem erst Ende letzten Jahres A. albersdoerferi als neue Archaeopteryx-Art beschrieben worden war (Kundrát et al. 2019), wird nun von einer neuen Gattung – Alcmonavis – berichtet, deren fossile Reste in denselben Oberjura-Schichten geborgen wurden, denen auch eines der Archaeopteryx-Fossilien entstammt (Rauhut et al. 2019). Benannt wurde Alcmonavis nach seinem Fundort: Alcmona ist der keltische Name der Altmühl. Der Artname poeschli ist vom Entdecker Roland Pöschli abgeleitet.

Gefunden wurde allerdings nur der rechte Flügel, aber er ermöglicht einige interessante Beobachtungen. So sind zwar viele Merkmale ähnlich wie beim „Urvogel“, einige jedoch werden als „moderner“ eingestuft. Die Muskelansatzstellen am Flügel deuten nach Ansicht der Forscher darauf hin, dass Alcmonavis besser für den aktiven Flatterflug gerüstet war als Archaeopteryx. Der Ansatz des Brustmuskels, die Form der Speiche und ein robuster zweiter Finger gelten ebenfalls als „abgeleitete“ Merkmale, die von modernen Vögeln bekannt sind. Alcmonavis teilt somit mit Archaeopteryx den Rang als geologisch ältester Urvogel. Bemerkenswert ist auch, dass Alcmonavis größer war als alle bekannten Exemplare des Archaeopteryx, nämlich gut 10% größer als der größte und mehr als doppelt so groß als der kleinste fossil bekannte Archaeopteryx (Rauhut et al. 2019, 18).

Welche Schlussfolgerungen ziehen die Forscher aus dem neuen Fund? „Die Anpassungen des Urvogels zeigen, dass die Evolution des Fluges relativ schnell vorangeschritten sein muss“, wird Co-Autor Christian Foth auf wissenschaft.de zitiert (Albat 2019). Unter evolutionstheoretischen Vorgaben müsse der aktive Flug früher entstanden sein als bisher angenommen. Außerdem zeige sich, dass die Vielfalt der Vogelwelt im Oberjura größer war als bisher bekannt. Die Forscher werfen auch die Frage auf, ob der neue Fund Hinweise darauf gebe, wie der Vogelflug entstanden sein könnte – direkt oder über ein Gleitflugstadium. Der Fund scheine eher für die direkte Variante zu sprechen, doch es seien zur Klärung weitere Funde erforderlich.

Kommentar. Eine schnelle Entstehung des Vogelflugs ist evolutionstheoretisch nicht zu erwarten. Denn die Erfordernisse für den Flug sind immens (Junker 2016) und der Erwerb der Flugfähigkeit müsste auf der Basis bekannter Evolutionsmechanismen große Zeiträume beanspruchen und ließe viele Zwischenstufen in Bezug auf Flugapparat und Flugfähigkeit erwarten. Die meisten mutmaßlichen Zwischenformen stammen aber aus der geologisch jüngeren Kreide (ausführliche Diskussion zu diesen Formen bei Junker 2017). In der Schichtenfolge tauchen fossile Zeugnisse flugtüchtiger Formen mit dem neuen Fund noch abrupter auf. Einige älter datierte, zur Dinosauriergruppe der Troodontiden gestellte Gattungen aus dem Oberjura wie z. B. Anchiornis waren zwar offenbar voll gefiedert (vgl. Saitta et al. 2017; vgl. Junker 2018), doch deren Merkmalskombinationen erschweren eine Interpretation als Vorfahrenstadien und sprechen eher dafür, dass es sich aus evolutionstheoretischer Sicht um eine unabhängige Linie handelt. Der neue Fund vergrößert weiter die Vielfalt fossiler Formen, die schon bisher nur mit Annahme zahlreicher Konvergenzen in ein Baumschema gebracht werden kann und eher netzförmige Beziehungen aufweist. Zum Modus des Flugerwerbs kann der neue Fund nichts aussagen, denn mit ihm verkleinern sich die enormen Probleme aller Flugentstehungshypothesen (vgl. Junker 2017, 59ff.) in keiner Weise.

Quellen

Albat D (2019) Gesellschaft für den Archaeopteryx. https://www.wissenschaft.de/erde-klima/gesellschaft-fuer-den-archaeopteryx/

Junker R (2016) Vogelfedern und Vogelflug. 1. Was eine Evolutionshypothese erklären müsste. Stud. Integr. J. 23, 75-82. http://www.wort-und-wissen.de/sij/sij232/sij232-2.html

Junker R (2017) Dino-Federvieh. Zum Ursprung von Vogelfeder und Vogelflug. http://www.wort-und-wissen.de/artikel/sp/b-17-1_feder-und-flug.pdf

Junker R (2018) Neuartiger Federtyp bei mutmaßlichem Dinosaurier. Neuartiger Federtyp bei mutmaßlichem Dinosaurier

Kundrát M, Nudds J, Kear BP, Lüe J & Ahlberg P (2019) The first specimen of Archaeopteryx from the Upper Jurassic Mörnsheim Formation of Germany. Hist. Biol. 31, 3-63

Rauhut OWM, Tischlinger H & Foth C (2019) A non-archaeopterygid avialan theropod from the Late Jurassic of southern Germany. eLife 2019;8:e43789. doi: 10.7554/eLife.43789.

Saitta ET, Gelernter R & Vinther J (2017) Additional information on the primitive contour and wing feathering of paravian dinosaurs. Paleaontology, DOI: 10.1111/pala.12342

Autor dieser News: Reinhard Junker

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