Evolution: Astronomie, Astrophysik, Kosmologie - Dunkle Materie und dunkle Energie  

Evolution: Astronomie, Astrophysik, Kosmologie

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Interessierte: Dunkle Materie und dunkle Energie

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Inhalt

Das Standardmodell beinhaltet einige theoretische Konzepte, die über den Stand des Wissens der Laborphysik hinausgehen und die helfen sollen, gewisse Probleme zu lösen, die durch unerwartete Beobachtungen entstanden sind. Diese Konzepte verhalfen dem Standardmodell zu einer gewissen Flexibilität, auf solche Beobachtungen zu reagieren. Die dunkle Materie und dunkle Energie sind die berühmtesten Beispiele dafür und sollen darum kritisch kommentiert werden. Was folgt daraus für das Verständnis unseres Universums?

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Einleitung

 

Das Standardmodell der Kosmologie ist in erster Linie auf theoretischen Überlegungen aufgebaut. Nun hat das Standardmodell eine Reihe freier Parameter, die durch die Theorie nicht vorgegeben sind, sondern nur durch Beobachtungen bestimmt werden können. Solche freien Parameter sind beispielsweise die Expansionsgeschwindigkeit des Universums, die durch die Hubble-Konstante geben ist (siehe Rotverschiebung), oder die durchschnittliche Materiedichte des Universums. Anhand der Theorie alleine ist im Prinzip eine Vielfalt von Standardmodellen möglich, je nachdem, wie man die Parameter wählt. Die eher hohe Anzahl an freien Parametern ist auch dafür verantwortlich, dass das Standardmodell an neue Beobachtungen relativ flexibel angepasst werden kann und darum nicht leicht zu widerlegen ist (und umgekehrt aber auch nicht so streng gestestet werden kann). Die Geschichte des Standardmodells beinhaltet einige Fälle, in denen das Modell im Nachhinein durch Beobachtungen modifiziert wurde. Beispiele dafür sind die Voraussagen zum Mikrowellenhintergrund, zur kosmologischen Konstante, die in diesem Artikel diskutiert wird, oder die Einführung der dunklen Materie in der Theorie der Strukturbildung (siehe Standardmodell).

In diesem Artikel sollen nun zwei Bestandteile besprochen werden, die im Standardmodell relativ bedeutend sind und in engem Zusammenhang mit den Parametern des Standardmodells stehen. Es handelt sich um die dunkle Materie und die dunkle Energie.

 
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Dunkle Materie

 

Beobachtungen. Bereits in den 1930er Jahren wurde die Beobachtung gemacht, dass die Masse von Galaxienhaufen (siehe Grossräumige Strukturen), die durch ihre Lichtemission abgeleitet wurde, zu gering ist, um diese durch Gravitation zusammenzuhalten. Der Astronom Fritz Zwicky nahm an, dass der Coma-Galaxienhaufen ein stabiles Gravitationssystem ist. Das bedeutet, dass sich die Galaxien auf stabilen, gebundenen Bahnen um jeweils die anderen Galaxien bewegen. Aus dieser Annahme berechnete er eine Masse des Coma-Haufens, die etwa zehn Mal größer war als die bisherigen Schätzungen. Dies war ein erster Hinweis auf die Existenz von Materie, die nicht sichtbar ist. Man nennt sie dunkle Materie. Allerdings kann heute nicht sicher festgestellt werden, ob sich die Galaxien im Coma-Galaxienhaufen tatsächlich in einem Gravitationsgleichgewicht befinden. Dies könnte nur sicher festgestellt werden, wenn man das System über einen Zeitraum von Milliarden von Jahren beobachten würde. Befürworter anderer Kosmologien (z.B. der Quasi-steady-state cosmology) gehen z.T. nicht davon aus, dass sich die Galaxienhaufen in einem Gravitationsgleichgewicht befinden, womit auch die Notwendigkeit nach dunkler Materie entkräftet wird. Geht man von einem jungen Universum aus, so braucht man ebenfalls keine dunkle Materie.

Im Laufe der Zeit wurden noch einige andere Hinweise auf diese mysteriöse Art von Materie gefunden. Beispiele dafür sind das Rotationsverhalten von Galaxien und die Notwendigkeit von dunkler Materie für die Langzeitstabilität von Galaxien. Aufgrund der Verteilung der beobachteten Masse würde man nach den Newtonschen Gravitationsgesetzen erwarten, dass die Umlaufgeschwindigkeit nach aussen hin abnimmt. Bei Spiralgalaxien stellt man allerdings fest, das die Umlaufgeschwindigkeit nicht abnimmt, sondern etwa gleich gross bleibt. Weit vom Zentrum entfernte Objekte bewegen sich also schneller, als es die vorhandene Gravitationskraft zulässt. Um dieses Problem zu lösen, nimmt man an, dass dunkle Materie die Galaxie Kugelförmig umgibt. Diese die Galaxie umgebende Kugel wird Halo genannt. Wie im Falle der Galaxienhaufen wird auch hier das Vorhandensein dunkler Materie durch ein vermutetes Verhalten der Galaxie über längere Zeiträume gefordert.

 
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Die dunkle Materie wird auch durch Gravitationslinsen bestätigt. Eine Gravitationslinse ist ein massenreiches Vordergrundsystem (z.B. ein Galaxienhaufen), das weit entfernte, dahinter liegende Galaxien durch Lichtablenkung verzerren oder sogar mehrmals erscheinen lassen kann (Abb. 156). Die Stärke der beobachteten Gravitationslinsen legen ebenfalls nahe, dass mehr Masse vorhanden sein muss, als durch die Leuchtkraft von Galaxienhaufens dokumentiert ist.

Theoretische Überlegungen. Aber auch theoretische Überlegungen geben Anlass für die Existenz von dunkler Materie. So wird die dunkle Materie für die Strukturbildung des Universums benötigt (siehe Standardmodell). Überlegungen bezüglich der primordialen Nukleosynthese (=Elementbildung in der frühen Ära des Standardmodells durch Kernfusion) (siehe Standardmodell, Häufigkeit der leichten Elemente im Universum) geben vor, dass der Menge an baryonischer (=umfasst in der Kosmologie Neutronen, Protonen und Elektronen) Materie enge Grenzen gesetzt sind, die 5% Prozent der kritischen Dichte des Universums nicht übersteigen darf. Die kritische Dichte ist die Materiedichte, bei deren Unterschreitung sich das Universum für immer ausdehnt. Diese Schranke fordert, dass die dunkle Materie nicht-baryonisch ist, d.h. für uns exotisches Material darstellt mit speziellen Eigenschaften.

Kandidaten der dunklen Materie. Woraus besteht die dunkle Materie? Ein kleiner Teil der dunklen Materie kann baryonisch sein. Kandidaten für baryonische dunkle Materie sind beispielsweise braune Zwerge (sternähnliche dunkle Objekte) oder massive schwarze Löcher. Theoretische Überlegungen zeigen aber, dass der Anteil dieser dunklen Materie eher gering ist. Der direkte Nachweis solcher Materie in unserer Milchstraße ist zudem bisher nicht zweifelsfrei gelungen (Beck 2003).

Der weitaus größte Teil der dunklen Materie muss aber aus einem exotischen Stoff bestehen, der gewöhnlich als WIMP (weakly interacting massive particle) bezeichnet wird, da er weder mit Licht noch mit gewöhnlicher Materie wechselwirkt. Er macht sich nur über die Gravitation bemerkbar. Zahlreiche konkrete Kandidaten für diese exotische Materie wurden vorgeschlagen wie Axionen, Gravitinos, Monopole, massive Neutrinos etc., die alle aus bestimmten Theorien vorausgesagt werden, die vor allem in der Frühzeit des Universums eine Rolle spielten (z.B. GUT, SUSY). Allen außer den Neutrinos ist gemeinsam, dass es für sie keinen experimentellen Anhaltspunkt gibt - weder in Laborexperimenten noch im Universum. Bei den Neutrinos ist allerdings nicht klar, wie groß ihre Ruhemasse wirklich ist. Gemäß dem Standardmodell der Teilchenphysik haben sie gar keine, neuere Experimente deuten aber auf eine winzige Ruhemasse hin. Zudem sind massive Neutrinos nicht die geeignetsten Kandidaten, da sie zur sog. heißen dunklen Materie gehören. Gemäß den Daten des Mikrowellenhintergrundes durch den Satelliten WMAP wird diese Art der dunklen Materie aber ausgeschlossen (Spergel et al. 2003).

Kommentar. Insgesamt ist das Konzept der dunklen Materie im Universum äußerst unbefriedigend. Nach den Vorgaben des Standardmodells soll das Universum aus einem mysteriösen, unbeobachteten Stoff bestehen, der in etwa der 5fachen Menge vorhanden sein muss, wie die gewöhnliche Materie. Dabei existieren kaum gesicherte Anhaltspunkte, woraus diese dunkle Materie bestehen soll. Einige der Argumente, die auf die dunkle Materie hindeuten, wurden darum auch schon ernsthaft in Frage gestellt und gelegentlich sogar ihre ganze Existenz.

Bemerkenswert ist außerdem, dass es auch Kosmologien gibt, die baryonische dunkle Materie ohne Schranke zulassen wie die Quasi-steady-state cosmology oder die ganz und gar ohne dunkle Materie auskommen (z.B. die Kosmologie von Halton Arp). Das Standardmodell dagegen versucht, ein Universum zu modellieren, dessen Hauptbestandteil völlig unbekannt ist.

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Dunkle Energie

Möglicherweise noch mysteriöser als die dunkle Materie ist die dunkle Energie. Die dunkle Energie ist eine ganz merkwürdige Form von Materie oder sogar eine Eigenschaft des Vakuums, die durch einen starken negativen Druck charakterisiert ist. Das bedeutet, dass diese Energie im Gegensatz zur gewöhnlichen und dunklen Materie abstoßend wirkt statt anziehend. Darum sorgt die dunkle Energie für eine Beschleunigung des Universums.

Kosmologische Konstante. Die dunkle Energie wird formal durch die berühmte kosmologische Konstante Λ ausgedrückt, die in der Friedmanngleichung (=mathematische Gleichung für die Dynamik des Universums) auftaucht (siehe Standardmodell). Interessanterweise benutzte Albert Einstein in seinem ersten Modell eines Universums die kosmologische Konstante, um die Anziehungskraft der übrigen Materiedichte zu kompensieren. Auf diese Weise erhielt er ein statisches Universum, das jedoch nicht stabil war. Als dann die Ergebnisse von Hubble über das sich ausdehnende Universum bekannt wurden, zog Einstein sein Modell zurück und bezeichnete das Einführen der kosmologischen Konstante als seine „größte Eselei“ (siehe Historische Entwicklung der modernen Kosmologie). Seither wurde die kosmologische Konstante entweder ganz weggelassen oder Null gesetzt. Seit einigen Jahren wird ein Wert ungleich Null jedoch wieder diskutiert, da er offensichtlich durch einige Beobachtungen nahegelegt wird und zudem einige Probleme lösen kann. Auch in diesem Fall profitierte das Standardmodell von seiner Flexibilität.

Nahegelegt wird eine nichtverschwindende kosmologische Konstante durch Beobachtungen an Supernovae (=Sternexplosionen), die mit zunehmender Rotverschiebung schneller an Helligkeit verlieren als erwartet. Andererseits bestärken die Daten des Mikrowellenhintergrundes durch den Satelliten WMAP ebenfalls einen ähnlichen Wert von Λ.

Fine tuning. Außerdem ist die kosmologische Konstante noch mit einem schwerwiegenden theoretischen Problem verbunden: Der Wert der kosmologischen Konstante, die durch die Quantenfeldtheorie (=grundlegende Theorie für das Standardmodell der Teilchenphysik) vorausgesagt wird und die die Inflation ausgelöst haben soll, ist viel höher als ihr heute abgeleiteter Wert. Dabei ist das Verhältnis von Beobachtung zur Theorie nicht weniger als 108 Größenordnungen (das entspricht einem Faktor von 10-108)! Was könnte dazu geführt haben, dass die kosmologische Konstante so präzise um 108 Größenordnungen sank? Da wäre ein hochgradiges Maß an „fine-tuning“ nötig, das bisher unverstanden ist. Würde zudem die kosmologische Konstante nur wenig von ihrem heutigen Wert abweichen, wäre das Universum nach den Voraussagen des Standardmodells nicht lebensfreundlich.

Kommentar. Mit der dunklen Energie wurde neben der dunklen Materie eine zweite Größe eingeführt, die in ihrem Wesen unverstanden ist und nicht beobachtet wurde. Die Daten von MWAP legen einen Beitrag der dunklen Energie zur gesamten Materiedichte von etwa 73% Prozent nahe. Die restliche Materiedichte besteht schließlich praktisch aus dunkler Materie (etwa 23%), womit nur etwa 4% des Universums aus gewöhnlicher Materie besteht (Abb. 157).

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Kommentar

 

Mit der dunklen Materie und dunklen Energie wurde die Ansicht bestätigt, wonach das Standardmodell in erster Linie ein theoretisches Modell ist, das nur zum Teil durch Beobachtungen gestützt werden kann. Insbesondere sehen wir uns mit einem Universum konfrontiert, von dem wir nur gerade einmal 4% des existierenden Inhalts kennen und verstehen. Die übrigen 96% sind ihrem Wesen nach unverstanden und in ihrer Existenz eher hypothetisch. Dieser Tatbestand ist sehr unbefriedigend und für die Glaubwürdigkeit des Standardmodells nicht förderlich.

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Literatur

Beck O. (2003) Noch immer im Dunkeln: Die Dunkle Materie. Studium Integrale Journal 10, 28-30.

López-Corredoira M. (2003) Observational Cosmology: caveats and open questions in the standard model. To be published in the book "Recent Research Developments in Astronomy & Astrophysics" (Research Signpost, Kerala). http://arxiv.org/abs/astro-ph/0310214

Narlikar J.V. (2002) An Introduction to Cosmology. Cambridge University Press. Third Edition.

NASA. Wilkinson Microwave Anisotropy Probe Website. http://map.gsfc.nasa.gov

Spergel D.N., Verde L., Peiris H.V., Komatsu E., Nolta M.R., Bennett C.L., Halpern M., Hinshaw G., Jarosik N., Kogut A., Limon M., Meyer S.S., Page ., Tucker G.S., Weiland J.L., Wollack E., Wright E.L. (2003) First-year Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) Observations: Determination of cosmological parameters. ApJS 148, 175-194.

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Autor: Studiengemeinschaft Wort und Wissen, 19.09.2004

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