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Evolution: Entstehung des Lebens (Präbiotische Chemie)

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Interessierte: Geschichtliches zur präbiotischen Chemie

 

Inhalt

Dieser Artikel bietet einen kurzen Überblick über frühere Vorstellungen zur Lebensentstehung und über neuere Bemühungen, die Entstehung des Lebens aufzuklären.

evolution schöpfung geschichtliches präbiotischen chemie pasteur louis Frühe Vorstellungen über spontane Lebenentstehung

evolution schöpfung geschichtliches präbiotischen chemie pasteur louis Neuere Bemühungen

evolution schöpfung geschichtliches präbiotischen chemie pasteur louis Charles Darwin und die Entstehung des Lebens

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Frühe Vorstellungen über spontane Lebenentstehung

 

Schon in den frühesten schriftlichen Überlieferungen der Menschheit finden sich Dokumente menschlichen Nachdenkens über die Entstehung des Lebens. Dabei stößt man immer wieder auf die Idee, dass Lebewesen aus unbelebter Materie hervorgegangen seien. Aus der Beobachtung, dass feuchtes Material häufig und sehr rasch von Organismen besiedelt wird, zog Aristoteles (384-322 v. Chr.) den Schluss, dass Lebewesen aus unbelebter Materie entstehen. Von Jan van Helmont (1577-1644) ist sogar eine Rezeptur überliefert, wie man Mäuse aus feuchtem Getreide und schmutzigen Lappen in bedeckten Krügen experimentell erzeugen kann.

Im 18. Jahrhundert stritten der Schotte Needham und der Italiener Spallanzoni erbittert über die spontane Entstehung von Mikroben in abgekochter Fleischbrühe; sie hatten in Experimenten unterschiedliche Resultate erzielt. Die sich daran anschließenden Auseinandersetzungen hatten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts einen solchen Umfang erreicht, dass die französische Akademie der Wissenschaft einen Preis für denjenigen aussetzte, der die Frage der spontanen Lebensentstehung durch exakte Experimente überzeugend beantworten würde. Diesen Preis gewann Louis Pasteur, indem er durch eine Reihe brillanter Experimente zeigte, dass Lebewesen (Mikroorganismen) nicht spontan entstehen (Abb. 176). Er konnte in seiner 1862 veröffentlichten Arbeit (drei Jahre nach Erscheinen von Darwins Origin of species) auch die Fehlerquellen und Missverständnisse seiner Vorgänger und Kontrahenten vernünftig erklären. Damit hatte Pasteur gezeigt, dass Lebewesen nur aus Lebewesen entstehen: omne vivum ex vivo. Wir kennen Lebewesen nur als Nachkommen vorher vorhandener Organismen.

 
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Neuere Bemühungen

 

Ungeachtet dieser bis heute unwidersprochenen Aussage Pasteurs sind die Bemühungen, „Leben" auf Lebloses, auf „Nicht-Leben" zurückzuführen, nicht aufgegeben worden - im Gegenteil: es wurden seit dem 20. Jahrhundert große theoretische und experimentelle Anstrengungen mit dem Ziel unternommen, die Entstehung des Lebens rein naturwissenschaftlich zu erklären. Auch wenn heute Leben nicht von selbst entstehe, so könne dies in der Vergangenheit doch anders gewesen sein. So wird argumentiert, dass auf der Erde früher andere Bedingungen geherrscht hätten, die eine abiotische (=ohne Voraussetzung von Leben) Entstehung des Lebens möglich erscheinen lassen. Ziel dieser Forschungen ist es, die einzelnen Schritte zur Entstehung des Lebens möglichst lückenlos aufzuklären und allein durch chemisch-physikalische Prozesse verständlich zu machen.

A.I. Oparin veröffentlichte 1924 eine Arbeit, worin er unter Berücksichtigung des damaligen Kenntnisstandes der Chemie, Biochemie und Biologie detailliert über die Entstehung des Lebens spekulierte. Diese Publikation gilt als der Anfang der modernen naturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Problem.

Oparin benützt vor allem die Erkenntnisse von Graham (1861) über die Eigenschaften von Kolloiden (Lösungen großer Moleküle mit leimartigen Eigenschaften) als Ausgangspunkt für seine Spekulation über die Lebensentstehung, indem er das Zellplasma damit vergleicht. Er meint, aus der Fähigkeit von Kolloiden, Stoffe an der Oberfläche zu binden (Adsorption), Hinweise für den Anfang von Stoffwechsel finden zu können. Seinen programmatischen Artikel beschließt Oparin mit einem für dieses Forschungsfeld bisher zwar nicht eingelösten, aber nach wie vor kaum gebrochenen Optimismus: „Die Arbeit ist bereits weit fortgeschritten und sehr bald werden die letzten Barrieren zwischen lebendig und tot fallen unter dem Angriff geduldiger Arbeit und mächtiger wissenschaftlicher Gedanken." 1938 erschien die englische Ausgabe von Oparins umfangreicherer Arbeit Origin of Life (1936 in russisch). Diese Arbeit fand eine breite Leserschaft und beeinflusste viele Wissenschaftler.

Für J.B.S. Haldane sind Bakteriophagen (=Bakterien auflösende Viren) der Ausgangspunkt für seine Spekulationen über die Lebensentstehung. In seiner Veröffentlichung von 1929, die er nach eigenem Bekunden unabhängig von Oparin publizierte, bewertet er die Homochiralität (=gleiche Rechts-Links Ausrichtung, Händigkeit) von Molekülen (vgl. Chiralität) als ein Indiz für die Abstammung aller Lebewesen von einer einzigen zufällig entstandenen ersten Zelle. Haldane hält allerdings fest, dass die Idee einer spontanen Lebensentstehung solange Spekulation bleibe, „bis die ersten Lebewesen in biochemischen Laboratorien synthetisiert worden sind." Er führt diesen Gedanken so zu Ende: „Aber solche Spekulationen sind nicht unnütz, weil sie experimentell bestätigt oder widerlegt werden können."

Der Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Fragen der Lebensentstehung wird gewöhnlich mit den Veröffentlichungen von Oparin (1924, 1938) und Haldane (1929) angesetzt und der Anfang systematischer experimenteller Untersuchungen mit den Simulationsexperimenten von Miller (1953) (s. Ursuppen-Simulationsexperimente) in Verbindung gebracht. Diese Autoren hatten jedoch bereits Vorläufer. So hat Pflüger schon 1875 über die Bedeutung von Cyanwasserstoff (HCN) im Zusammenhang mit präbiotischen Synthesen spekuliert und Löb (1913) Aminosäuren aus Ammoniak, Kohlensäure und Wasser unter Einwirkung von stiller Entladung synthetisiert.

 
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Charles Darwin und die Entstehung des Lebens

 

Wenig bekannt ist, dass sich auch Charles Darwin zur Frage der Entstehung des Lebens geäußert hat. Vielfach wird behauptet, er habe sich dazu nicht geäußert und dabei auf folgendes Zitat von ihm in Origin of Species verwiesen: Das Leben sei „nur wenigen oder gar nur einer einzigen Form eingehaucht" worden. Und 1863 schreibt er: „Es ist einfach Unsinn, gegenwärtig an den Ursprung des Lebens zu denken; man könnte ebenso gut an den Ursprung der Materie denken" (F. Darwin 1887, S. 18)

Acht Jahre später äußert Darwin in einem Brief vom 1. Februar 1871 an J. Hooker jedoch Spekulationen, die fast an die Ursuppen-Simulations-Experimente von Stanley Miller erinnern: „Man hat oft gesagt, daß alle Bedingungen für die erste Entstehung eines Organismus jetzt vorhanden sind, welche nur jemals haben vorhanden sein können. Aber wenn (und o! was für ein ’Wenn‘!) wir in irgendeinem kleinen warmen Tümpel, bei Gegenwart aller Arten von Ammoniak, phosphorsauren Salzen, Licht, Wärme, Elektrizität usw. wahrnehmen könnten, daß sich eine Proteinverbindung chemisch bildete, bereit, noch kompliziertere Verwandlungen einzugehen, so würde heutigen Tages eine solche Substanz augenblicklich verschlungen oder absorbiert werden, was vor der Bildung lebender Geschöpfe nicht der Fall gewesen sein dürfte" (Hervorhebung nicht im Original). Darwin deutet hier eine Hoffnung an, die ähnlich bei heutigen Forschern anzutreffen ist: In Zeiten, als es noch kein Leben gab, könnte der Satz Omne vivum ex vivo - Leben entsteht nur aus Leben - nicht zutreffend gewesen sein. Darwin ist sich aber offenbar bewusst, dass er sich auf hochgradig spekukativem Terrain befindet („o! Was für ein Wenn").

Literatur

Darwin F. (1887) Leben und Briefe von Charles Darwin. E. Schweizerbarth, Stuttgart Bd. III.

R. Junker & S. Scherer (2001) Evolution - ein kritisches Lehrbuch. Gießen, Kapitel IV.8

 
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Weitere Fragen zu diesem Thema

 

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Autor: Harald Binder, 20.10.2004

 
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