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28.03.24  Sanfordiacaulis – ein Bäumchen aus dem Karbon fällt völlig aus dem Rahmen

Ein außerordentlich gut erhaltenes Fossil eines knapp 3 m hohen Bäumchens weist sehr ungewöhnliche Merkmale auf. Das in Schichten des unteren Karbons entdeckte Gehölz besaß über 250 dicht übereinander stehende, ca. 1,75 m lange Blätter, so dass das gesamte Blattwerk an eine Flaschenbürste erinnert. Die Merkmale sind so ungewöhnlich, dass die Forscher die neue Art keiner bekannten Klasse von Pflanzen zuordnen können. Die Deutung, man habe es mit „Experimentierung der Evolution“ zu tun, liefert keine Erklärung für die Entstehung dieser ungewöhnlichen Wuchsform.

Die frühe Fossilüberlieferung der Landflora ist außerhalb der Fachwelt wenig bekannt. Gegenüber Wirbeltieren mit mutmaßlichen Übergangsformen zum Beispiel zwischen Fischen und Vierbeinern, „Urvögeln“, Dinosauriern und „Urmenschen“ haben fossile Pflanzen verständlicherweise ein „Bekanntheitsproblem“. Neben Moosen, die heutigen Formen von Beginn an relativ ähnlich sind (Frahm 1994, vgl. Junker 1995), sind die ersten Landpflanzen, die Leitgefäße besitzen, im mittleren Silur (423 Millionen radiometrische Jahre [MrJ]) überliefert. Sie waren ziemlich unscheinbar und relativ einfach gebaut. Bis zum Ende des Unterdevons bleibt die Landflora ziemlich kleinwüchsig, aber bis zum Ende des Mitteldevons treten in den Erdschichten erstaunlich schnell große Bäume auf. Dazu gehören Archaeopteris aus der Gruppe der Progymnospermen[1] und Eospermatopteris bzw. Wattieza[2] aus der Gruppe der Cladoxylopsida (entfernt farnartige Gewächse) auf. Von letzteren wurde ein ganzer Wald gefunden, der nach dem nordamerikanischen Fundort „Gilboa-Wald“ genannt wird und der sich später als überraschend komplex erwies (Stein et al. 2012). Vor einigen Jahren entdeken Paläontologen in China in Schichten des unteren Oberdevons Baumstümpfe von Eospermatopteris, die eine genauere Untersuchung der Stämme ermöglichten; diese erwiesen sich als komplexer gebaut als die Stämme aller anderen fossil bekannten oder heutigen Bäume (Xu et al. 2017; vgl. Junker 2018). Ab dem Oberdevon gesellten sich zu diesen sehr verschiedenen Baumtypen die Bärlappbäume aus der Gruppe der Bärlapppflanzen hinzu, die einen weiteren deutlich verschiedenen Bauplan repräsentieren (vgl. Abb. 450). Im Rahmen evolutionstheoretischer Interpretationen wäre eine so rasante Entwicklung unterschiedlichster Baupläne vermutlich viel zu schnell für die bekannten evolutionären Mechanismen. Inwieweit die Abfolgen der ältesten Landpflanzen alternativ auf ökologische Umstände zurückgeführt werden kann, ist aber ebenso eine offene Frage.

Nun entdeckten Wissenschaftler in einem Steinbruch in der ostkanadischen Atlantikprovinz New Brunswick einen weiteren neuartigen Baumtyp eines kleinwüchsigen, kaum 3 Meter hohen Gehölzes im unteren Teil des Unterkarbons (auf 350 MrJ datiert, Gastaldo et al. 2024). Der Stammdurchmesser erreichte bis zu 16 cm. Die Fossilien sind dreidimensional erhalten und könnten wie Flaschenbürsten ausgesehen haben (Abb. 449). Es sind über 250 dicht übereinander stehende, ca. 1,75 m lange Blätter erhalten. Da die Forscher schätzen, dass die Blätter mindestens noch einen weiteren Meter gewachsen sind, wäre die dichte Krone mindestens 5,50 Meter breit gewesen. Die dichte Anordnung wird als Hinweis darauf gewertet, dass die Pflanzen effektiv schwaches Licht nutzen konnten. Die gute dreidimensionale Erhaltung wird auf eine plötzliche Verschüttung zurückgeführt. Die Kronenstrukturen sind noch am Stamm befestigt.

Der Bau der neuen Gattung Sanfordiacaulis gleicht keinem sonst bekannten Baum. Die Forscher bezeichnen sie als „architektonisch einzigartig“ und können sie keiner bekannten Klasse von Pflanzen zuweisen. Sie sehen in Sanfordiacaulis frühe Belege für eine Nische im Unterholz. Auch im oben erwähnten Gilboa-Wald wurde eine Unterholz-Schicht nachgewiesen (Stein et al. 2012; vgl. Junker 2013).

Diskussion

Wie kann ein im System der Pflanzen so isoliert stehender Bauplan evolutionär erklärt werden? Nach üblichen evolutionstheoretischen Hypothesen müsste es zahlreiche Übergangsformen gegeben haben. Ein plötzliches Erscheinen passt besser zur Annahme einer Schöpfung.

Die Forscher vermuten, dass Sanfordiacaulis gut an das Dämmerlicht in der Mittelschicht der urzeitlichen Wälder angepasst war. Dennoch habe diese Wuchsform keinen nachhaltigen Erfolg gehabt. Das erscheint paradox, da es nach evolutionstheoretischer Lesart für diese Wuchsform einen Selektionsvorteil gegeben haben muss, damit sie entstehen konnte. Sie war also mindestens einmal erfolgreich. In der Zusammenfassung ihrer Arbeit schreiben die Autoren, dass Sanfordiacaulis zeige, dass die Vegetation im frühen Karbon komplexer war als bisher angenommen. Dies deute darauf hin, dass es sich um eine Zeit experimenteller, möglicherweise vorübergehender und vielfältiger Wachstumsarchitekturen handelte.[3] Damit aber wird einem Problem – plötzliches fossiles Auftauchen und anschließendes Verschwinden – mit einer völlig vagen Vorstellung einer „experimentellen Evolution“ begegnet. Wie in anderen Fällen wird auch hier nicht erklärt, was man sich darunter vorstellen könne und welche Prozesse dabei abgelaufen sind.

Interessant sind auch die Ausführungen der Autoren über die ökologischen Zonen, aus denen frühe fossile Zeugnisse von Bäumen, Baumstümpfen und Feldern von Stümpfen bekannt sind. Sie schreiben, dass unser Wissen über viele Bäume aus dem Mitteldevon bis frühen Karbon von nur einer Handvoll weltweit verstreuter Fundorte stammt. Dabei handle es sich allgemein („in general“) um Feuchtgebiete an der Küste. Felder von Baumstümpfen mit Bewurzelung seien auf Areale von einigen hundert Quadratmetern beschränkt (Gastaldo et al. 2024, 7f.). Unsere Kenntnisse über die damalige Baumflora könnte also sehr unvollständig sein, da möglicherweise nur bestimmte Feucht-Standorte fossil erhalten geblieben sind.

Anmerkungen

[1] Die Progymnospermen besaßen koniferenartiges Holz, jedoch anders als die Gymnospermen farnartige Blätter und Sporen (anstelle von Samen).

[2] Es handelt sich bei Eospermatopteris und Wattieza um sogenannte Formgattungen, da jeweils nur (unterschiedliche) Teile des Pflanzenkörpers gefunden wurden; von Eospermatopteris Baumstümpfe, von Wattieza die Baumkrone. Im Jahr 2007 konnte nachgewiesen werden, dass beide von derselben Pflanzenart stammen. (Stein et al. 2007; vgl. https://www.spektrum.de/news/die-juengsten-alten-baeume/871795, vom 18.04.2007)

[3] Moreover, although systematically unresolved, this specimen shows that Early Carboniferous vegetation was more complex than realized, signaling that it was a time of experimental, possibly transitional and varied, growth architectures. (Abstract)


Literatur

Frahm J-P (1994) Moose – lebende Fossilien. Biologie in unserer Zeit 24, 120–124.

Gastaldo RA et al. (2024) Enigmatic fossil plants with three-dimensional, arborescent-growth architecture from the earliest Carboniferous of New Brunswick, Canada: Curr: Biol. 34, 1–12, doi:10.1016/j.cub.2024.01.011

Junker R (1995) Der rätselhafte Ursprung der Moose. Stud. Integr. J. 2, 65–68.

Junker R (2013) Ältester fossiler Wald ist „überraschend komplex“. Stud. Integr. J. 20, 34–36, https://www.si-journal.de/index2.php?artikel=jg20/heft1/sij201-5.html

Junker R (2018) Die ältesten Bäume waren die komplexesten. Stud. Integr. J. 25, 37–38, https://www.si-journal.de/index2.php?artikel=jg25/heft1/sij251-5.html.

Stein WE, Mannolini F et al. (2007) Giant cladoxylopsid trees resolve the enigma of the Earth’s earliest forest stumps at Gilboa. Nature 446, 904–907.

Stein WE, Berry CM, VanAller Hernick L & Mannolini F (2012) Surprisingly complex community discovered in the mid-Devonian fossil forest at Gilboa. Nature 483, 78–81.

Xu HH Berry CM et al. (2017) Unique growth strategy in the Earth’s first trees revealed in silicified fossil trunks from China. Proc. Natl. Acad. Sci.114, 12009–12014.

Autor dieser News: Reinhard Junker

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