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06.12.23  Alte Vogelspuren in Gondwana

Kürzlich wurden 27 Vogel-Fußspuren in Schichten der Unterkreide Australiens gefunden, die unsere Kenntnisse über das Vorkommen von Vögeln auf der Südhalbkugel erheblich erweitern. Bisher waren  fossile Überreste von Vögeln in Jura und Kreide fast nur auf der Nordhalbkugel gefunden worden. Dies lässt auf umfangreiche fossil nicht überlieferte Lebensräume schließen, was in einem geologischen Langzeitrahmen schwer verständlich ist.

Unsere Kenntnisse über fossile Vögel in Sedimenten des Jura und der Kreide stammen fast ausschließlich von Funden auf der Nordhalbkugel, dem damaligen Nordkontinent Laurasia. Dagegen sind Funde auf dem Südkontinent Gondwana ausgesprochen selten; nur wenige Federn sowie einige Knochen und Fußspuren waren bisher in Australien und Brasilien gefunden worden. Dabei ist zu bedenken: Nach dem plattentektonischen Konzept lagen alle heutigen Kontinente früher deutlich näher beieinander. Dabei bildeten Nordamerika mit Grönland und dem größten Teil Eurasiens den Kontinent Laurasia, während Südamerika, Afrika, Indien, Australien und die Antarktis zum Südkontinent Gondwana gehörten.

Vor diesem Hintergrund sind kürzlich gemachte Funde von 27 einzelnen Vogel-Fußspuren in der Unterkreide Australiens bemerkenswert (Martin et al. 2023; Abb. 438). Die Spuren aus der auf 120–128 Millionen radiometrische Jahre (MrJ) datierten Wonthaggi-Formation zeigen drei dünne lange Zehen, die deutlich voneinander abgewinkelt sind, scharfe Krallen und in wenigen Fällen auch Spuren eines Hallux (1. Zehe). Diese Merkmale sind vogeltypisch; andere Verursacher kommen nach Einschätzung der Forscher nicht in Frage (Martin et al. 2023, 16). Die unterschiedliche Größe der Abdrücke und unterschiedliche Winkel zwischen den Zehen lassen erkennen, dass die Spuren von verschiedenen Arten stammen. Die größten Fußabdrücke sind knapp 12 Zentimeter lang und ca. 14 Zentimeter breit, was ungewöhnlich groß ist für Vögel, die aus Kreideschichten bekannt sind. Es sind zwar keine Fährten unter den Spuren, doch ihre engen Abstände sprechen für eine Geselligkeit der Vögel.

Martin et al. (2023) schließen, dass es auf Gondwana im damals polaren Australien vor 120 MrJ eine größere Urvogel-Vielfalt gab als bisher abgenommen. Da in der auf 106 MrJ datierten Eumerella-Formation Australiens bereits zwei Vogel-Fußspuren entdeckt worden waren, gehen die Forscher davon aus, dass Vögel mindestens 15 bis 20 Millionen Jahre lang in der Gegend lebten. Die Fußspuren wurden in verschiedenen, insgesamt ca. neun Meter mächtigen Gesteinsschichten eines Überschwemmungsgebietes gefunden, was darauf hinweisen könnte, dass die Vögel nur saisonal in den Frühlings- oder Sommermonaten nach der Schneeschmelze dort gelebt haben (Martin et al. 2023, 20). Möglicherweise seien Urvögel und vogelähnliche Dinosaurier auf dem einstigen Südkontinent Gondwana häufiger vorgekommen als bislang angenommen. Die Autoren schreiben: „Die morphologische Ähnlichkeit einiger Vogelspuren aus der Wonthaggi-Formation mit denen, die aus Ostasien gemeldet wurden, könnte auch die Ausbreitung der frühkreidezeitlichen flugfähigen Vögel aus Laurasia in andere Teile Gondwanas widerspiegeln, bevor sie nach Australien gelangten.“

Kommentar

Es stellt sich die  Frage, warum die fossilen Zeugnisse von Vögeln im Jura und in der Kreide auf der Nordhalbkugel (Laurasia) und der Südhalbkugel (Gondwana) so extrem unterschiedlich häufig sind. „Im Gegensatz zu Gondwana sind Vogelspuren aus der frühen und späten Kreidezeit in den ehemaligen laurasischen Landmassen wie Nordamerika und Asien reichlich und vielfältig vorhanden, auch in den Schichten der frühen Kreidezeit“ (Martin et al. 2023, 19). Man sollte erwarten, dass sich die Vögel aufgrund ihrer Fortbewegungsmöglichkeiten schnell weltweit verbreiten konnten. Man muss folglich davon ausgehen, dass es in großem Umfang und über mehrere zehn MrJ fossil nicht überlieferte Lebensräume gab. Die Autoren halten eine Verzerrung bei der fossilen Erhaltung („preservation bias“) für eine mögliche Erklärung. In einem geologischen Langzeitmodell ist dies jedoch schwer zu verstehen. Sollten die durch die Jura- und Kreideschichten repräsentierten Zeiträume aber in Wirklichkeit viel kürzer sein, wäre das Fehlen einer reichhaltigeren Fossilüberlieferung vielleicht leichter verstehbar. Wahrscheinlich fehlen – unabhängig vom zugrunde gelegten geologischen Zeitmodell – zu viele paläontologische Daten, um die enormen Unterschiede in der Fossilüberlieferung der Vögel in Laurasia und Gondwana verstehen zu können. Dies mahnt zur Vorsicht bei der Deutung auf der Grundlage weniger Fossilien – insbesondere, wenn es um weitreichende Herkunftsmodelle geht.

Literatur

Martin AJ, Lowery M, et al. (2023) Earliest known Gondwanan bird tracks: Wonthaggi Formation (Early Cretaceous), Victoria, Australia. PLoS ONE 18(11): e0293308. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0293308

Autor dieser News: Reinhard Junker

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