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17.03.18  Neuartiger Federtyp bei mutmaßlichem Dinosaurier

Die zu Dinosauriern gestellte befiederte Gattung Anchiornis („nahe bei Vögeln“) besaß einen bisher unbekannten Federtyp, weder daunenartig noch flächig, der diesem Tier wahrscheinlich ein zotteliges Aussehen verlieh. Die gesamte Merkmalskombination von Anchiornis ist evolutionstheoretisch unerwartet, passt jedoch in ein Schöpfungskonzept. Allerdings ist das Merkmalsmosaik dieses Tieres ohne genauere Kenntnis seiner Lebensweise und seines Lebensraums schwer zu verstehen, so dass Deutungen vorläufig bleiben müssen.

Fossilfunde sogenannter „Nicht-Vogel-Dinosaurier“ und fossiler Vögel waren in den letzten Jahren für zahlreiche Überraschungen gut. Bei einer ganzen Reihe oft nicht näher verwandter Dinosaurier-Arten wurden flaumig-haarige Körperbedeckungen nachgewiesen, die meist als „Protofedern“ bezeichnet werden (was allerdings tendenziös ist, da typische Kennzeichen von Federn fehlen). Eine Reihe von Dinosaurier-Arten besaß dagegen echte, flächige Federn, wobei die Meinungen darüber auseinander gehen, ob es sich dabei bei einigen von ihnen um sekundär flugunfähige Vögel handelt. Überraschend war dabei die Vielfalt von Feder- und Bauplantypen, die das heutige Spektrum deutlich übertrifft. So gab es auch vierflügelige Formen, z. T. wahrscheinlich Doppeldecker-Flieger, die – anders als heutige Vögel – auch an den Beinen kräftig befiedert waren. Und es wurden mehrere speziell ausgeprägte Federtypen nachgewiesen, die bei heutigen Arten ebenfalls nicht bekannt sind. So wurden Konturfedern mit körpernaher bandartiger Ausprägung („proximately ribbon-like pennaceous feathers“) entdeckt, wobei aufgrund der unsystematischen Verteilung von Arten mit diesem Federtyp evolutionstheoretisch eine mindestens vier Mal unabhängige Entstehung angenommen werden muss (Xu et al. 2010). Ein weiterer Federtyp  sind verlängerte breite fadenförmige Federn („elongate broad filamentous feathers“; Xu et al. 2009); bei beiden Federtypen wird eine Schaufunktion vermutet. Erst jüngst wurde bei der neu beschriebenen Unterkreide-Gattung Cruralispennia aus der Gruppe der Gegenvögel ein weiterer neuer Federtyp beschrieben (Wang et al. 2017a). Diese Federn waren im körpernahen Bereich drahtartig und besaßen distal fädige Spitzen („proximally wire-like part with a short filamentous distal tip“). Eine Vielfalt von Federtypen war früh etabliert und diese trat recht abrupt auf. Und sie lässt sich nicht ohne Weiteres in ein evolutionstheoretisches Schema einfügen.

Neuer Federtyp bei Anchiornis. Einen weiteren neuen Federtyp beschreiben nun Saitta et al. (2017) bei der Paraves-Gattung Anchiornis („nahe einem Vogel“), die im Jahr 2009 erstmals beschrieben wurde. Zu den Paraves werden Vögel und deren nach evolutionstheoretischen Vorstellungen nächstverwandte Dinosauriergruppen gerechnet. Anchiornis besaß an Armen, Beinen und am Schwanz kräftige flächige symmetrische Federn; ungewöhnlich daran war ihre Anordnung in mehreren Lagen (Longrich et al. 2012), wofür es kein Vorbild aus der heutigen Vogelwelt gibt. Kürzlich waren Flughäute nachgewiesen worden, die auf eine bessere Flugfähigkeit als zuvor angenommen hinweisen (Wang et al. 2017b). Am ehesten kann Anchiornis demnach als spezialisierter Gleitflieger interpretiert werden. Nun fanden Saitta et al. durch hochauflösende Fotographie heraus, dass neben den mit flächigen Federn bedeckten Bereichen einige Körperpartien mit einem bisher unbekannten Federtyp bedeckt waren, den sie als „zottelig“ („shaggy“) beschreiben: Von einer kurzen Achse gehen beidseitig mehrere lange Äste ab. Dieser Federtyp ist weder typisch daunenartig noch weist er in seiner Form typische Kennzeichen einer Konturfeder auf noch ist er eine intermediäre Ausprägung dieser beiden Federtypen. Diese Art von Befiederung dürfte für ein insgesamt krauses Aussehen gesorgt haben, war mutmaßlich geeignet für Thermoregulation und Wasserabweisung, aber aerodynamisch ungünstig und gegen Nässe nicht gut geeignet (s. Link zu Bild weiter unten). Diese Eigenschaften machen das Verständnis der Lebensweise dieser zunehmend ungewöhnlichen Gattung nicht leichter.

Die Federstrahlen der Flugfedern erwiesen sich als zumindest teilweise vorne offen, was die Flugtauglichkeit stark mindert. Diese Minderung könnte dadurch ausgeglichen worden sein, dass mehrere Lagen von Deckfedern ausgebildet waren. Das allerdings führt zu Gewichtsvergrößerung, was dem Fliegen wiederum abträglich ist. Die Ausstattung des Tieres mit Federn und deren Bau erscheint insgesamt rätselhaft.

Evolutionstheoretische Betrachtungen. Anchiornis besaß ein sehr spezielles Merkmalsmosaik, das insgesamt nicht als Übergangsform zwischen unbefiederten Dinosauriern und Vögeln passt. Weder die Art der Befiederung noch die ungewöhnlichen, „zotteligen“ Federn wurden evolutionstheoretisch vorhergesagt und passen auch nicht in die gängigen Federentstehungsmodelle. Interessanterweise bringen Saitta et al. (2017, 13, 14) wie schon andere Autoren bei anderen „Nicht-Vogel-Dinosauriern“ die Möglichkeit einer sekundären Flugunfähigkeit ins Spiel, also die Abstammung von flugfähigen Formen (Vögeln?).1 Aber manche Merkmale von Anchiornis wie die mehrlagige Federanordnung und der neu entdeckte Federtyp passen gar nicht gut als Zeugen einer Rückbildung. Das Merkmalsmosaik passt aufgrund der speziellen, nicht-intermediären Merkmale auch nicht zu einer Evolution ausgehend von ungefiederten Formen. Dazu kommt, dass ein Gleitflug (wie bei Anchiornis am ehesten anzunehmen) als Vorstufe zum Schlagflug mit vielen Problemen behaftet (Überblick dazu bei Junker 2017, Abschnitt 4.2).

Doch es könnte auch ganz anders sein: Anchiornis mit seinem speziellen Merkmalsmosaik war vermutlich für eine spezielle ökologische Nische und Lebensweise geschaffen. Wenn weder eine „Aufwärts-“ noch eine „Abwärtsevolution“ plausibel sind, ist diese Möglichkeit neben anderen guten Gründen im Spiel. Letztlich scheinen die Kenntnisse über die Lebensweise und den Lebensraum von Anchiornis zu bruchstückhaft und unsicher zu sein, um die komplette Biologie dieses Dinosauriers oder Vogels verstehen zu können, so dass alle Deutungen vorläufig bleiben müssen. Die anatomisch besondere und bisher einzigartige Ausprägung des „zotteligen“ Federtyps sperrt sich gegen eine Ableitung in Form der klassisch-linearen Evolutionsmodelle und kann im Sinne des Schöpfungsansatzes so interpretiert werden, dass es von Anfang an eine Merkmalsvielfalt der Federn gab.

Anmerkung

1 „If a consensus can be built to demonstrate that some non-avian dinosaurs were secondarily flightless, then caution must be had when using their feather morphologies to reconstruct feather macroevolution with regards to the appearance of fully modern feathers and flight. … When examining feather evolution in the future, the impact of secondary flightlessness on feather morphology also needs to be more carefully considered if support for secondary flightlessness in non-avian dinosaurs or basal avialans can be demonstrated based on multiple lines evidence, including quantitative biomechanical evidence“ (Saitta et al. 2017, 14).

Link zu Bild (Neue Rekonstruktion und neuer Federtyp):

http://www.bristol.ac.uk/media-library/sites/news/2017/november/dino-bird-article.jpg

Weitere Artikel über Anchiornis in Genesisnet

Vierflügelige Vögel am Anfang?

Archaeopteryx – Gleitflieger und Bindeglied?, auch mit Ausführungen über Anchiornis.

Literatur

Longrich NR, Vinther J, Meng Q, Li Q & Russell AP (2012) Primitive Wing Feather Arrangement in Archaeopteryx lithographica and Anchiornis huxleyi. Curr. Biol. 22, 2262-2267.

Junker R (2017): Dino-Federvieh. Zum Ursprung von Vogelfeder und Vogelflug. W+W Special Paper, http://www.wort-und-wissen.de/artikel/sp/b-17-1_feder-und-flug.pdf

Saitta ET, Gelernter R & Vinther J (2017) Additional information on the primitive contour and wing feathering of paravian dinosaurs. Paleaontology, DOI: 10.1111/pala.12342

Wang M, O’Connor JK, Pan Y & Zhou Z (2017a) A bizarre Early Cretaceous enantiornithine bird with unique crural feathers and an ornithuromorph plough-shaped pygostyle. Nat. Comm. 8:14141, doi: 10.1038/ncomms14141

Wang X, Pittman M, Zheng X, Kaye TG, Falk AR, Hartman SA & Xu X (2017b) Basal paravian functional anatomy illuminated by high-detail body outline. Nat. Comm. 8:14576, doi: 10.1038/ncomms14576

Xu X, Zheng X & You H (2009) A new feather type in a nonavian theropod and the early evolution of feathers. Proc. Natl. Acad. Sci. 106, 832-834.

Xu X, Zheng X & You H (2010) Exceptional dinosaur fossils show ontogenetic development of early feathers. Nature 464, 1338-1341.

Autor dieser News: Reinhard Junker

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