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08.12.17  Komplexaugen: Komplex von Anfang an

In den ältesten Schichten des Unterkambriums und – evolutionstheoretisch – somit an der Basis der „kambrischen Explosion“ wurden bei einem Trilobiten erstmals zellulär erhaltene Komplexaugen entdeckt. Sie zeigen im Wesentlichen den gleichen grundsätzlichen Aufbau eines Komplexauges wie bei Augen heutiger Bienen oder Libellen.

Die Entstehung von Augen ist eines der Lieblingsbeispiele von Evolutionstheoretikern, mit denen sie zeigen möchten, dass mittlerweile im Wesentlichen verstanden sei, wie ein komplexes Organ schrittweise evolutiv entstehen konnte. Auch in der Wikipedia wird dieser Eindruck vermittelt. Er entspricht jedoch in keiner Weise den Tatsachen. Die Aneinanderreihung von sechs unterschiedlich komplexen Augentypen werden der Komplexität dessen, was evolutionstheoretisch durch blinde Prozesse erklärt werden müsste, in keiner Weise gerecht (Ullrich et al. 2006). Augenserien, mit denen eine evolutive Entstehung plausibel gemacht werden soll, entsprechen zudem nicht einmal hypothetischen stammesgeschichtlichen Abfolgen konkreter Organismen, sondern sind theoretische Modellreihen. Zudem müsste aufgrund der sehr unsystematischen Verteilung von Augentypen im Tierreich im Rahmen evolutionstheoretischer Modellbildungen angenommen werden, dass etwa der Linsenaugen-Typ, wie ihn z. B. Wirbeltiere besitzen, vielfach unabhängig aus einfacheren Augentypen entstanden sein müsste (Jonasova & Kozmik 2008, fig. 1). Ähnliches gilt auch für andere Augentypen.

Weniger bekannt scheint zu sein, dass der Fossilbericht eine Evolution komplexer Augen in keiner Weise unterstützt – im Gegenteil: Sowohl Linsenaugen des Kameratyps als auch Komplexaugen (Facettenaugen) sind unter den ältesten vielzelligen Tieren der „kambrischen Explosion“ anzutreffen. Der räuberisch lebende Anomalocaris aus dem Unterkambrium besaß sogar Facettenaugen, die zu den größten und bestauflösenden bekannten Facettenaugen gehören und diesbezüglich nur von den Komplexaugen einiger Libellen übertrumpft werden (Paterson et al. 2011).

Bislang konnte man anhand der fossilen Erhaltung der kambrischen Fossilien allerdings nur die äußere Struktur von Komplexaugen untersuchen. Ein neuer hervorragend erhaltener Fund mit zellulär erhaltenen Augenstrukturen erlaubt nun aber auch Einblicke in den inneren Feinbau eines Trilobiten-Auges. Die Zoologin Brigitte Schoenemann von der Universität Köln und ihre Kollegen beschreiben die Details eines Komplexauges des Trilobiten Schmidtiellus reetae, der in den untersten Schichten des unteren Kambriums in Estland gefunden wurde. Trilobiten sind eine im Kambrium weit verbreitete Gruppe der Gliederfüßer. Die fossilen Augen zeigen, dass ihr Aufbau im Wesentlichen dem Bau heutiger sogenannter Appositionsaugen wie z. B. von Bienen oder Libellen entspricht. Bei Appositionsaugen ist jedes Einzelauge (Ommatidium) durch Pigmente von seinen Nachbaraugen abgeschirmt. Es fehlt bei Schmidtiellus allerdings die Linse, was jedoch durch einen besonderen Bau der Einzelaugen ausgeglichen wird, so dass nach Abschätzung der Wissenschaftler die Lichtstärke des Auges nicht geringer war als bei vergleichbaren heutigen Einzelaugen. „There is an elegant physical solution, however, of how to develop a quality image of modern type“ (Schoenemann et al. 2017, 1); „So, in total, the system of the trilobite S. reetae is in a state similar to modern aquatic arthropods, even without a lens“ (Schoenemann et al. 2017, 5).

Das Auge besteht aus etwa 100 Einzelaugen, die im Vergleich zu heutigen  Formen relativ weit auseinander stehen. Jedes Ommatidium bestand wie in modernen Facettenaugen aus acht Sinneszellen: ein zentrales Lichtleiterstäbchen (Rhabdom) und sieben sich darum gruppierende Elemente. Der Fund zeige, dass „hochentwickelte (‚sophisticated’) Augen schon zu Beginn des Fossilberichts höherer Organismen existierten“, stellen die Wissenschaftler fest (Schoenemann et al. 2017, 1).

Mit nur etwa 100 „Pixeln“ war die Sehleistung freilich gering, doch ermöglichte die Anordnung der ca. 1 x 0,5 cm großen Augen ein breites Sichtfeld nach vorne und zur Seite, innerhalb dessen Bewegungen und Helligkeitsverteilungen wahrgenommen werden konnten. Doch wie erwähnt sind aus dem Unterkambrium auch ausgesprochen hochauflösende Komplexaugen bekannt; Schoenemann et al. (2017, 5) weisen selbst auf einen weiteren baltischen Trilobiten, Holmia kjerulfi, hin, der in nur wenig jünger datierten Schichten gefunden wurde und hochauflösende Augen mit dicht gepackten Einzelaugen besaß, eine Konstellation, die den Augen heutiger Libellen vergleichbar war.

Schoenemann  et al. (2017, 1) merken an, dass der Ursprung der Trilobiten insgesamt unklar sei. Der fossile Nachweis von Facettenaugen, deren Grundaufbau im Wesentlichen „modern“ ist, in den ältesten kambrischen Schichten entspricht ziemlich dem Gegenteil dessen, was evolutionstheoretisch zu erwarten wäre.

Literatur

Jonasova K & Kozmik Z (2008) Eye evolution: Lens and cornea as an upgrade of animal visual system. Sem. Cell Dev. Biol. 19, 71-81.

Paterson RJ, García-Bellido DC, Lee MSY, Brock GA, Jago JB & Edgecombe GD (2011) Acute vision in the giant Cambrian predator Anomalocaris and the origin of compound eyes. Nature 480, 237-240.

Schoenemann B, Pärnaste H & Clarkson ENK (2017) Structure and function of a compound eye, more than half a billion years old. Proc. Natl. Acad. Sci., doi:10.1073/pnas.1716824114.

Ullrich H, Winkler N & Junker R (2006) Zankapfel Auge. Ein Paradebeispiel für „Intelligent Design“ in der Kritik. Stud. Integr. J. 13, 3-14. http://www.wort-und-wissen.de/sij/sij131/sij131-1.html

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Autor dieser News: Reinhard Junker

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