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07.01.14  Eichelwürmer – vom Kambrium bis heute unverändert

Eichelwürmer aus dem Mittelkambrium ähneln heutigen Formen in erstaunlichem Maße. Nachdem kürzlich in der Antarktis erstmals Eichelwürmer entdeckt wurden, die Röhren bilden, ist die Ähnlichkeit mit den ebenfalls röhrenbildenden fossilen Formen perfekt. Die zwischenzeitlich diskutierte Vorstellung, die fossilen Eichelwürmer könnten Bindeglieder zu den Flügelkiemern (Pterobranchia) sein, ist damit nach Ansicht der Entdecker nicht haltbar.

Anfang des Jahres wurden schon länger fossil bekannte wurmartige Organismen aus dem mittelkambrischen Burgess-Schiefer eindeutig als Eichelwürmer identifiziert (Caron et al. 2013; Gee et al. 2013). Die betreffende Art wurde als Spartobranchus tenuis klassifiziert und gleicht heutigen Formen aus der Gruppe der Harrimaniiden bis in Details.1 Sie sind damit auch ein Beispiel für Stasis – das nahezu unveränderte „Stehenbleiben“ eines Bauplans über geologische Zeiträume hinweg. Der Nachweis von Eichelwürmern im Kambrium vergrößert die ohnehin immense Vielfalt der während der kambrischen Explosion auftretenden Formen noch weiter (vgl. Kambrische Explosion und Kambrische Explosion: Darwins Dilemma gelöst?).

Die Eichelwürmer (Enteropneusta) werden zusammen mit den Flügelkiemern (Pterobranchia) zu den Hemichordaten gestellt. Die Arten dieser auch als Kiemenlochtiere benannten Gruppe besitzen einen weichen, wurmähnlichen, aber innen ungegliederten Körper und sind äußerlich in Kopfschild, Kragen und Rumpf dreigeteilt. Die bis zu 10 cm langen Eichelwürmer leben am Meeresboden und graben Gänge. Sie bewegen sich im Meeresboden durch wellenförmige Muskelkontraktionen vorwärts und leben von im Schlamm enthaltenen organischen Partikeln mit Hilfe eines Nahrungstrichters am Vorderende. Da auch die Pterobranchia aus dem Kambrium bekannt sind, ist klar, dass der Ursprung der Hemichordaten entsprechend ins Unterkambrium verlegt werden muss (Caron et al. 2013, 503). Einen Unterschied schien es jedoch bei den fossilen Formen im Vergleich zu den heutigen zu geben. Bei den Fossilien wurden häufig faserige Röhren gefunden; in einem Fall war ein Eichelwurm mit dieser Röhre assoziiert. Daher wurde angenommen, dass die kambrischen Eichelwürmer anders als die heutigen zeitweise in Röhren lebten. Dieser Befund wurde von S. Conway Morris, einem der Bearbeiter so interpretiert, dass es sich hier um einen Hinweis handle, dass die fossilen Eichelwürmer Übergangsformen zu den Pterobranchia seien (http://www.bbc.co.uk/nature/21745029), die generell solche Röhren bilden. Es wurde allerdings auch diskutiert, dass auch die Eichelwürmer ursprünglich ebenso wie die Pterobranchia solche Röhren ausgebildet haben könnten, diese später aber verloren haben (Caron et al. 2013, 505).

Die letztere Deutung erhielt jüngst Unterstützung. Denn es wurden heute lebende Eichelwürmer in der Tiefsee der Antarktis entdeckt, die ebenfalls Röhren ausbilden und in eine neue Eichelwürmer-Familie, Torquaratoridae, gestellt werden (Halanych et al. 2013). Die Autoren nehmen in ihrem Artikel Bezug auf die mittelkambrischen Eichelwürmer, die ebenfalls Röhren bilden, und stellen die enorme Ähnlichkeit der kambrischen mit den heutigen Formen heraus. Der faserige Bau der fossilen Röhren konnte durch den Vergleich mit den heutigen Formen als Erhaltungsartefakt erklärt werden. Denn einige Röhren waren mit Sediment bedeckt, was ihnen ein geripptes Aussehen verleiht, das der fossilen Erhaltung ähnlich ist. Die Autoren schließen aus dem ähnlichen Röhren-Design zwischen S. tenuis und den antarktischen Torquaratoridae auf ähnliche Verhaltensweisen, die sich demnach über einen Zeitraum von etwa 500 Millionen Jahren erhalten hätten.

Damit sei die Vorstellung, dass S. tenuis ein Bindeglied zwischen den Eichelwürmern und Pterobranchiern sei, unglaubwürdig geworden. Die Autoren schreiben: „Da die Trennung zwischen Eichelwürmern und Pterobranchiern vor dem Mittelkambrium erfolgt sein muss, ist die Röhre von S. tenuis kein Vorläufer des Coeneciums [Röhren] der Pterobranchier“ (Halanych et al. 2013). Es sei anzunehmen, dass bereits der gemeinsame Vorfahre Röhren gebildet habe. Fossile Spuren dieses hypothetischen Vorfahren sind nicht bekannt.

Am Rande sei vermerkt, dass die Deutung der kambrischen Eichelwürmer als mögliche Bindeglieder in der Wissenschaftspresse mehrfach aufgegriffen wurde, nicht aber das nachfolgende Dementi.

Literatur

Caron JB, Conway Morris S & Cameron CB (2013) Tubicolous enteropneusts from the Cambrian period. Nature 495, 503-506.

Gee H (2013) Tubular worms from the Burgess Shale, Nature 495, 458-459.

Halanych KM, Cannon JT, Mahon AR, Swalla BJ & Smith CR (2013) Modern Antarctic acorn worms form tubes. Nature Communications 4, No. 2738, doi: 10.1038/ncomms3738.

Anmerkung

1„Es ist fast so, als wenn man ein Foto eines heutigen Exemplars
machen würde“ wird Christopher Cameron zitiert, der heutige Eichelwürmer
untersucht (http://www.cbc.ca/news/technology/story/2013/03/13/science-phallus-fossil-acorn-worm.html).

Autor dieser News: Reinhard Junker

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